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Coswig muss Trasse der S 84 neu beschließen

Im April sorgte die Coswiger SPD für heftige Kontroversen im Stadtrat, als sie einigen Abgeordneten vorwarf, bei Beschlüssen befangen gewesen zu sein. Unter anderem, weil einer dadurch persönliche Vorteile hätte.

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Von Torsten Oelsner

Im April sorgte die Coswiger SPD für heftige Kontroversen im Stadtrat, als sie einigen Abgeordneten vorwarf, bei Beschlüssen befangen gewesen zu sein. Unter anderem, weil einer dadurch persönliche Vorteile hätte. Zumindest in diesem Fall sah das die Rechtsaufsicht genau so. Deshalb muss der Beschluss wiederholt werden.

Auf den ersten Blick ist dem Tagesordnungspunkt mit der Nummer 4.11 für die morgige Sitzung des Stadtrates seine Vorgeschichte nicht anzumerken. Nur dem Eingeweihten erschließt sich durch den Buchstaben N hinter der Beschlussnummer, dass es sich dabei um die Neufassung eines bereits gefassten Beschlusses vom April handelt. Es geht um die Straßenführung der S 84 (Elbtalstraße) und die Stellungnahme der Stadt gegenüber dem Straßenbauamt Meißen. Darin heißt es, dass der Trassenverlauf im Bereich des Mühlenhügels nach Norden zu verschieben ist.

Dieser Passus fand seinen Weg in die Beschlussvorlage auf Betreiben des CDU-Abgeordneten Gottfried Wallrabe. Später kam jedoch heraus, dass Wallrabe just dort ein unbebautes Grundstück besitzt, dessen Wert durch die nahe Schnellstraße in nicht unerheblichem Maße gemindert würde.

Die sächsische Gemeindeordnung schreibt allerdings vor, „dass weder beraten noch entscheiden darf, wem die Entscheidung, an der er mitwirkt, einen Vorteil oder Nachteil bringt“. Der Fall Wallrabe und die vermutete Befangenheit zweier Lehrer bei Entscheidungen zur Schulnetzplanung Mitte der Neunziger wurden der Rechtsaufsichtsbehörde im Landratsamt vorgelegt. Von dort gibt es jetzt eine Reaktion, die die Stadt zum Handeln zwingt.

„Die Schulentscheidungen waren schon zu lange her, aber in der Sache mit der Straßenplanung war eine Befangenheit gegeben“, sagt Manfred Engelhard, der Leiter der Rechtsaufsicht. Deshalb muss jetzt der Beschluss wiederholt werden.

Einen „beispiellosen Vorgang“ nennt der SPD-Abgeordnete Böttger das Ergebnis der Rechtsprüfung. „Der Herr Wallrabe sitzt seit der Wende im Stadtrat und hätte wissen müssen, dass er befangen ist. Hier wird Privates mit ehrenamtlichem Engagement vermischt, das grenzt schon fast an Amtsmissbrauch“, sagt Böttger.

Wallrabe, der gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, lassen die Vorgänge um seine Person und die peinliche Lage, in die er die Stadt bringt, anscheinend unbeeindruckt.

Sein Engagement für die Wohnqualität am Mühlenhügel geht sogar weiter. So sprach er sich im Ausschuss Wasser/Abwasser dafür aus, doch den Abwasserkanal bis zum Ende der Straße zu bauen.

„Üblicherweise bauen wir nur dort Kanäle, wo auch Häuser stehen“, sagt Jörg Morgenstern, der Leiter des Eigenbetriebes Wasser/Abwasser. Die Mehrkosten von 5 000 Euro seien auch keine Größe, die den Betrieb in den Ruin treibt, zumal die Trinkwasserleitung ohnehin erneuert wird. Aber es sei ein Abweichen von der Norm, dass es ohne Wallrabes Auftreten nicht gegeben hätte. Zumal unklar sei, wann denn mal Häuser dort stehen sollen. Wallrabe gab auch hier vor, im Namen eines Brockwitzers zu sprechen, dessen Grundstück am Ende der Straße liegt und unbebaut ist. Interessant dabei ist, dass es sich beim Nachbargrundstück wiederum um das unbebaute Grundstück des Abgeordneten selbst handelt. Das würde dann ebenfalls mit erschlossen. Fallen die Beschlüsse im Sinne Wallrabes, verfügt er schon bald über ein vollerschlossenes Baulandgrundstück, um das sogar die Elbtalstraße einen Bogen macht. Der CDU-Abgeordnete stand schon im April auf dem Standpunkt, für die Anlieger zu sprechen. Befangen sei er nicht.

Bereits jetzt wird das von der Rechtsaufsicht im Landratsamt ganz anders gesehen. Rechtsexperte Engelhard dazu: „Ohne nähere Details zu kennen, würde ich sagen, dass eine Befangenheit offensichtlich ist.“

Die Coswiger SPD will auch diesen neuerlichen Fall im Stadtrat thematisieren. „Denn“, so Stadtrat Böttger, „es geht bei all dem auch immer noch ein bisschen um die Ehrlichkeit gegenüber den Wählern. Vorschläge kann jeder bringen, gerade auch, wenn er persönlich auf ein Problem stößt. Aber hier scheint mir das Eintreten für andere nur ein Deckmäntelchen für persönliche Vorteile zu sein.“