Von Philipp Siebert
Immer noch lebt ein Großteil aller rund 21 000 Coswiger in der riesigen Wohnsiedlung an der Dresdner Straße. Doch gerade dort ist der demografische Wandel und der Bevölkerungsschwund besonders spürbar. Die Wohnungsgenossenschaft WGC und das kommunale Wohnungsunternehmen WBV haben deswegen seit Jahren mit steigendem Leerstand zu kämpfen.
Um diesen Trend entgegen zu wirken und das Wohnen in der Platte attraktiver zu machen, werden die grauen Bauten seit über fünf Jahren zurückgebaut. Von den ehemals 3 220 Wohnungen, die es vor dem Beginn des Umbaus im Wohnquartier an der Dresdner Straße gab, sind schon 378 verschwunden.
Bis zum Jahr 2016
Bis zum geplanten Ende des Projekts im Jahr 2016 sollen es 560 sein. Das ist fast jede sechste Wohnung. „In diesem Jahr werden 102 Wohnungen zurückgebaut“, heißt es von Stadtplanerin Ulrike Fitzthum-Hahn.
Geplant ist, den Block an der Breiten Straße 9a-f und der Radebeuler Straße 3a komplett abzureißen. Außerdem sollen an der Radebeuler Straße 3b-d sowie an der Radebeuler Straße 5a-e 20 Wohnungen dadurch verschwinden, indem nur die oberen Etagen abgetragen werden. Betroffen seien fast ausschließlich die Häuser, die in der ursprünglichen Planung des Wohngebietes in den 1970er Jahren nicht vorgesehen waren. Aufgrund des Wohnungsmangels in den 1980ern wurden diese jedoch zusätzlich gebaut, wodurch die Räume zwischen den Gebäuden immer verwinkelter und enger wurden.
Die betroffenen Häuser gehören alle zur städtischen Wohnbau- und Verwaltungs-GmbH Coswig.
Es wird schöner
Die schließt mit dem Rückbau an die Aufwertungsvorhaben der Blöcke der WGC an, die ihre Plattenbauten bereits von Grund auf modernisiert hat. Mit den Abrissarbeiten wird in den nächsten Wochen begonnen. Bis zum Herbst sollen alle freigegebenen Wohnungen verschwunden sein.
Insgesamt investiert die Stadt Coswig mehrere Millionen Euro in der Verschönerung des Quartiers. Allein für den Abriss der 102 Wohnungen in diesem Jahr werden über 400 000 Euro fällig. Bis zum Ende des Umbaus in drei Jahren sollen dafür gut 1,6 Millionen Euro ausgegeben werden. Finanziell unterstützt wird das Projekt auch von Bund und Land.
Größer ist dagegen die Summe, die in die Verschönerung des Gebietes aufgebracht wird. „Auf den freiwerdenden Flächen sollen neue Wege angelegt werden“, sagt die Stadtplanerin. Der restliche Teil wird mit Rasen und Bäumen begrünt. Daneben sind auch neue Spielplätze und Erholungsinseln geplant, wie sie bereits im vergangenen Jahr an der Lindenauer Straße angelegt wurden. Knapp 1,1 Millionen investiert Coswig allein dafür.
Ob sich die Millionenausgaben rentieren, muss sich jedoch noch zeigen. Denn das eigentliche Ziel des Stadtumbaus, dem Leerstand Herr zu werden, wurde bisher nicht erreicht. Vor Beginn der Umbauarbeiten lag die Leerstandsquote bei 14,5 Prozent. Zwischendurch kletterte sie sogar auf rund 20 Prozent, ehe sie 2010 wieder auf 15,5 Prozent zurückging. Neuere Daten gibt es nicht.
Nach dem Umbau soll weniger leer stehen. Mindestens drei bis vier Prozentpunkte peilt die Verwaltung an. Sollte auch das nicht gelingen, können noch mehr Blöcke abgerissen werden.
„Wird sich die Situation bis 2016 durch den weiteren Abriss nicht verbessern, geben wir noch einmal bis zu 250 Wohnungen für den Bagger frei“, sagt Bauamtsleiter Wolfgang Weimann. Dann gäbe es im Gebiet nur noch 2 397 Wohnungen statt ehemals 3 220.
Die Stadtverwaltung bleibt jedoch optimistisch. Mit den aufgelockerten, modernen Fassaden des Mehrgenerationenhauses Am Mittelfeld, des Terrassenhauses auf der Breiten Straße oder des Silhouettenhauses auf der Lößnitzstraße habe die WGC bereits gezeigt, was aus einer Platte gemacht werden kann. Damit wurden nicht nur drei schmuddelige Ecken im Quartier beseitigt.
Auch die Leerstandquote der WGC senkte sich von ehemals 13,9 auf nur noch 6,5 Prozent. „Das zeigt, dass das Gebiet durch die Veränderungen attraktiver geworden ist“, sagt Oberbürgermeister Frank Neupold.
Junge Leute würden das einst im tristen Grau daherkommende Wohngebiet wieder für sich entdecken. Die Zuzugszahlen der letzten Jahre in der Genossenschaft belegen das. Worauf nun auch die städtische Wohnbaufirma setzt.