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Coswiger ABS ist im Visier der Ermittler

Die Staatsanwaltschaft Dresden prüft eine Anzeige gegen Geschäftsführer Jochen Friedel. Es besteht der Verdacht der Untreue.

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Von Torsten Oelsner

Die Arbeitsförderungs-, Beschäftigungs- und Strukturentwicklungs-Gesellschaft Coswig/Weinböhla (ABS) kommt aus den Schlagzeilen nicht heraus. Nachdem die Gemeinde Weinböhla bereits ihren Rückzug aus der gemeinsamen Auffanggesellschaft angekündigt hat, tauchen jetzt Vorwürfe gegen Geschäftsführer Jochen Friedel selbst auf.

Die Staatsanwaltschaft Dresden prüft derzeit eine anonyme Anzeige gegen ihn, wie Oberstaatsanwalt Andreas Feron auf Nachfrage bestätigt. „Dabei könnte es sich um den Verdacht der Untreue handeln“, so Feron noch vorsichtig. Anonyme Anzeigen würden besonders sorgfältig geprüft. Keine Zweifel ließ er jedoch daran, dass die Ermittler den Hinweisen nachgehen. Im Detail wirft der Anzeigeerstatter Friedel vor, dass er über den Umweg einer Mietzahlung an die Firma Jürgen Heym Landschaftsgestaltung GmbH in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll. Die Jürgen Heym Landschaftsbau ist inzwischen mehrmals umfirmiert worden, ging jedoch Mitte der Neunziger aus der ABS hervor. Friedel als Geschäftsführer der ABS ist zugleich stiller Teilhaber der Jürgen Heym Landschaftsbau. Beide Firmen residieren unter der selben Adresse „An der Walze 3“ im Coswiger Gewerbegebiet. Die ABS zahlt der Jürgen Heym Landschaftsgestaltung monatlich 4 300 Euro Miete.

Jürgen Heym bestätigt das. Auch dass Jochen Friedel 50-prozentiger Teilhaber seiner Firma ist. Geld würde der jedoch nicht dafür bekommen. Bei der Staatsanwaltschaft schaut man jetzt, ob die Miete in ihre Höhe gerechtfertigt ist.

Praktikanten „verliehen“

Doch die Vorwürfe sind damit nicht erschöpft. Die ABS soll auch Praktikanten an die Jürgen Heym GmbH ausgeliehen haben. Diese wurden im Rahmen der üblichen Arbeiten wie Straße kehren oder Hecken schneiden eingesetzt, so Jürgen Heym. Das alles habe vor allem in den Jahren 2002 und 2003 stattgefunden. Auftraggeber waren dabei auch die beiden Coswiger Wohnungsgesellschaften. Ziel sei es gewesen, die Arbeitslosen, die befristete ABM-Stellen in der ABS inne hatten, wieder in den 1. Arbeitsmarkt zu bringen.

Von einem „verschobenen Verhältnis“ spricht man angesichts der Coswiger Praktiken in der Arbeitsagentur Riesa, die diese Maßnahmen damals finanzierte. Es sei richtig, dass es in besagten Jahren entsprechende Programme gegeben habe, so Peter Bergner, der Geschäftsführer „Operativ“ in der Arbeitsagentur. Im Jahr 2002 bekam die Coswiger ABS 65 Stellen und im Jahr darauf 18 zugewiesen.

Diese ABM-Stellen hätten einen Praktikumsanteil gehabt. Dass diese Menschen aber quasi nur in eine Ausgründung der ABM-Gesellschaft verschoben würden, in der deren Geschäfstführer auch noch Partner ist, sei auf keinen Fall im Sinne des Programms gewesen.

Billige Arbeitskräfte

In Coswig schlägt der Fall inzwischen Wogen. Für morgen hat Coswigs Erster Bürgermeister Peter Zeitler eine Krisensitzung anberaumt, bei der es um nichts weniger als den Fortbestand der ABS gehen soll. ABS-Geschäftsführer Jochen Friedel lag schon vor Bekanntwerden der Vorwürfe im Krankenhaus und ist nicht zu erreichen. Peter Zeitler, seit einem Jahr im Aufsichtsrat, hatte bereits öffentlich die Ämterverquickung des Geschäftsführers kritisiert. „Das hat natürlich ein Geschmäckle“, sagt er. Von der Höhe der Mietzahlung an die Unterfirma Jürgen Heym habe er nichts gewusst. „Darüber werde ich unnachgiebig Aufklärung verlangen“, so Zeitler.

Dass sich bei dieser Aufklärung alle Vorwürfe in „Schall und Rauch“ auflösen werden, davon ist Horst Buchwald, Friedels Stellvertreter, überzeugt. Das Ganze sei eine „Dreckkampagne“. Es sei auch in den Kreisen der Stadtführung bekannt gewesen, dass die ABS das Gelände und Teile des Verwaltungssitzes gemietet habe. Richtig sei, dass Arbeiter im Rahmen von ABM an Firmen abgegeben wurden. Aber nicht nur an die Jürgen Heym Landschaftsgestaltung. Es seien Firmen angesprochen worden, ob sie Praktikanten bräuchten.

Zufall oder nicht: Unter den Angesprochenen war auch die Baufirma Bernd Golas, der für die CDU im Stadtrat sitzt und bei Abstimmungen zu den treuesten Anhängern von Oberbürgermeister Michael Reichenbach (CDU) gehört. Auch an die Firma Hanfried Krause seien Leute vermittelt worden.

Außer im Fall eines Praktikanten, den die Firma Gola als Lehrling übernahm, sei es zu keiner einzigen Vermittlung aus diesen Praktika gekommen, sagt Buchwald. Doch das war der eigentliche Sinn des Programms. Stattdessen seien die Leute voll eingespannt und nach Ablauf des Praktikums, das in der Regel zwei Monate dauerte, durch die nächsten ersetzt worden. Das Ganze sei eben die typische Billige-Arbeitskraft-Masche gewesen, so Buchwald, die offensichtlich von der Politik auch so gewollt war, um kleine Firmen zu entlasten.