SZ +
Merken

Damals begann ein zweites Leben

Riesa. Richard Hoppebegab sich in derBibliothek auf die Spuren Victor Klemperers. Anlass war der 60. Jahrestag derZerstörung von Dresden.

Teilen
Folgen

Von Peter Noack

Am 13. Februar 1945 versank Dresden nach alliierten Bombenangriffen in Schutt und Asche. Vermutlich 35 000 Menschen fanden in den Flammen den Tod. Die Überlebenden tragen dieses Ereignis immer in ihren Erinnerungen. Eine der berühmtesten Persönlichkeiten, die diese Bombardierung überlebten, war der jüdische Schriftsteller Victor Klemperer. Seine Tagebuchaufzeichnungen sind erhalten geblieben und dokumentieren die schrecklichen Ereignisse.

„Damals begann ein zweites Leben für Victor Klemperer. Für ihn und die letzten Juden, die damals noch in Dresden waren, ist dieser 13. Februar, so tragisch es klingt, erwartet worden, um der Vernichtungsmaschinerie der Nazis zu entgehen“, berichtet Dr. habil. Richard Hoppe aus Dresden in seinem Vortrag in der Riesaer Stadtbibliothek. Der Universitätsdozent im Ruhestand lernte den bedeutenden jüdischen Gelehrten, Literaten und Tagebuchforscher noch persönlich kennen. Auf den Spuren Victor Klemperers liest er aus dessen Werken und erläutert dem aufmerksamen Publikum Details aus der damaligen Zeit und der Privatsphäre.

In dunkler Vorahnung schreibt der Autor vor der Bombennacht in sein Tagebuch: „Es fallen so viele rings um mich, und ich lebe noch. Vielleicht ist es mir doch vergönnt, zu überleben und Zeugnis abzulegen“.

Das Judenhaus in der Zeughausstraße, in dem er wegen der Rassengesetze im Dritten Reich leben musste, stand damals sofort in Flammen. Victor Klemperer rettet sich und flieht mit seiner Frau Eva aus der zerstörten Stadt. „Einmal auf ihrem Suchweg hatte sie (Eva) eine Zigarette anzünden wollen und keine Streichhölzer gehabt; am Boden glühte ein Stück, sie wollte es benutzen – es war ein brennender Leichnam.“ (Tagebuch Viktor Klemperer). Erst nach Piskowitz und weiter bis nach München flieht das Ehepaar vor dem Zugriff der Nazis. Am 1. Juni 1945 kehren beide wieder nach Dresden zurück.

Zu keiner Zeit hat Klemperer das Schreiben vernachlässigt. Seine Tagebücher umfassen acht Bände, wobei nur etwa sechzig Prozent abgedruckt sind. „Da sind noch Überraschungen zu erwarten“, vermutet Dr. Hoppe. „Victor Klemperer hat ein einzigartiges Stück deutscher Geschichtserfahrung, von der Kaiserzeit angefangen bis in die 1960er Jahre in der DDR, dokumentiert.“

Über zwei Stunden lauschen die Zuhörer in der ausverkauften Veranstaltung. Die fesselnde Art der Präsentation und die umfangreichen Kenntnisse Dr. Hoppes machten die Veranstaltung zu einem gelungenen und angemessenen Gedenken an die Bombennacht vor 60 Jahren.