Dampferflotte in Not

Der Tagungsort punktet mit passender Symbolik: Im Restaurant des Hilton Hotels an der Frauenkirche können die Gäste Schiffsatmosphäre erleben. Gediegenes Holz, ein Steuerrad am Tresen und ein Rettungsring an der Wand tragen dazu bei. In wenigen Tagen kommen hier die Eigentümer der Sächsischen Dampfschiffahrt zusammen. Ob sie den Rettungsring brauchen oder das Ruder noch aus eigener Hand herumreißen können, wird sich hier entscheiden.
Ende Juni haben sie die Einladung zu dem Treffen bekommen. Sie hat nicht nur Vorfreude auf den eintägigen Dresden-Besuch samt Dampferfahrt am Abend geweckt. Denn es geht um viel Geld. Für die rund 400 Anteilseigner, die bei der Sächsischen Dampfschiffahrt Kommanditisten heißen, ist das nichts Neues. Sie hoffen auf Gewinnausschüttungen, doch die wird es auch in diesem Jahr nicht geben. Dazu lief das Geschäftsjahr 2018 viel zu schlecht. Mehr als zwei Millionen Euro Umsatz hat das Unternehmen im vergangenen Jahr eingebüßt, verriet Geschäftsführerin Karin Hildebrand Anfang April. Wie viel Geld letztlich in der Kasse blieb, sagte sie damals nicht und begründete das mit der noch laufenden Buchprüfung. Die ist inzwischen abgeschlossen. Sie hat ergeben: Nichts blieb in der Kasse. Im Gegenteil, 2018 musste das Unternehmen draufzahlen. Knapp 827 000 Euro Verlust hat die Dampfschiffahrt im vergangenen Jahr gemacht. Damit ist der Gewinn aus dem Jahr 2017, knapp 917 000 Euro, schon wieder aufgebraucht. Ursache dafür war unter anderem die miese Saison. Weil es wenig regnete und sehr heiß war, ging der Elbepegel zurück. Die Ausflugsschiffe konnten vergangene Saison ausgerechnet in den wichtigsten Monaten an 120 Tagen nur eingeschränkt fahren.
Als Karin Hildebrand Ende 2013 das Ruder bei der Flotte übernommen hatte, war sie eigentlich als Retterin angetreten. Bilanztricks und Fehler ihres Vorgängers Sebastian Meyer-Stork hatten die Dampfschifffahrt in finanzielle Not gebracht. Die Reeder-Witwe hatte sich vorgenommen, das Unternehmen wieder aus den roten Zahlen zu führen. Doch das Wetter spielte nicht mit. Dürresommer mit Niedrigwasser bremsten die Dampfer immer wieder aus, inzwischen mehrere Jahre in Folge. Dazu kamen zuletzt Auflagen wie die Investition in neue Hilfsdieselmotoren, die mit etwa 800 000 Euro zu Buche schlug. Neue Abgasnormen machten den Einbau der Motoren nötig, einen Ausweg gab es nicht.

Die Kommanditisten blieben dem Unternehmen bisher treu. Sie akzeptierten, dass ihre Investitionen nicht wie geplant zurückgezahlt wurden. Sie nahmen auch in Kauf, dass es mehrfach keine Gewinnausschüttungen gab. Das steht ihnen jetzt wieder bevor. Karin Hildebrand bleibt ihrer Linie treu und sucht weiter Wege, das Unternehmen in ruhiges Fahrwasser zu steuern. Doch ohne die Gesellschafter sei das nicht zu schaffen, schrieb sie in einem Brandbrief an die Anteilseigner. Dort steht auch: 2019 war nur zu stemmen, weil die Sächsische Aufbaubank 800 000 Euro „Rettungsbeihilfe“ überwiesen hat. Im Klartext: Ohne dieses Geld wäre die Flotte jetzt in großer finanzieller Not.
Gerettet ist sie damit aber nicht. Dazu braucht die Geschäftsführerin jetzt einen Millionenbetrag. Das steht in einem Gutachten, das sie in Auftrag geben musste, damit die Finanzspritze von der Aufbaubank in eine Beihilfe umgewandelt werden kann, die nicht zurückgezahlt werden muss. Das Fazit des Gutachtens: Das Unternehmen kann es schaffen. Dazu müssen die Kommanditisten aber an Bord bleiben und weiter auf Gewinnausschüttungen verzichten, bis zwei Millionen Euro zusammengekommen sind. Dieses Geld wird gebraucht, um auch kurzfristig technische Probleme an den Schiffen beheben zu können. Weitere zwei Millionen Euro will Hildebrand von den Kommanditisten oder neuen Geldgebern einsammeln. Dieser Betrag soll das Unternehmen auch in schlechten Jahren über Wasser halten. Also dann, wenn wieder Fahrten gestrichen werden müssen, weil der Wasserstand der Elbe zu niedrig oder zu hoch ist.
Hildebrand setzt große Hoffnungen in diese Neuerungen. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, schreibt sie an die Anteilseigner. Zusammen könne es gelingen, die Schwierigkeiten zu meistern, die die Dampfschiffahrt unter anderem durch Niedrigwasser hat. Solche Schwierigkeiten, wie sie das Unternehmen derzeit schon wieder erlebt. Die Elbe steht bei 60 Zentimetern. Täglich müssen die Verantwortlichen entscheiden, welche Strecken bedient werden können und welche Schiffe fahren sollen.