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Daniel, der wahre König

Jahrelang schwelte der Nachfolgestreit bei den von Sachsens. Jetzt sorgt der Adelsrechtsausschuss für Klarheit.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Friedewald. Der junge Mann, Daniel von Sachsen, in Jeans und kariertem Hemd, hält ein für ihn ziemlich wichtiges Schreiben in der Hand. Datiert ist es vom 27. August 2015. Unterschrieben von Gottfried Graf Finckenstein und gerichtet an Elmira Prinzessin von Sachsen.

Finckenstein ist der Sprecher des Deutschen Adelsrechtsausschusses in Marburg. Eine Institution, die in Deutschland zum Beispiel klärt, wer für welches Adelshaus der zuständige Ansprechpartner, das Oberhaupt, sein soll. Das eine Seite umfassende Papier stellt kurz und knapp dar, wer das für das Haus der Wettiner in Sachsen ist. Noch deutlicher: Wer der König zwischen Plauen und Görlitz wäre, gäbe es hier noch eine Monarchie.

Gottfried Graf Finckenstein stellt im Namen des Deutschen Adelsrechtsausschusses fest: „Im Rahmen eines Zwischengutachtens, das auf Veranlassung der auftraggebenden Hauschefs öffentlich gemacht worden ist, wurde festgestellt, dass Ihr verstorbener Gemahl, Prinz Albert, fürstenrechtlich mit dem Tode seines Bruders (Maria Emanuel von Sachsen, Anm. der Redaktion) am 23. Juli 2012 diesem, ohne dass es eines weiteren Rechtsaktes bedurft hätte, als Chef des königlichen Hauses nachgefolgt ist.“

Ohne große Aufgeregtheit

Was für Außenstehende schwierig zu verstehen ist, bedeutet im Klartext, zum Chef des Hauses Wettin wird Rüdiger von Sachsen, der Vater Daniels von Sachsen, bestimmt. Denn dessen Onkel Albert ist auch bereits drei Monate nach dem kinderlosen Emanuel verstorben. Rüdiger wiederum hatte bereits erklärt, dass er zwar auf der Nachfolge bestehe, aber sofort danach für seinen Sohn Daniel verzichten werde.

Der in Friedewald als diplomierter Forstwissenschaftler lebende 40-jährige Daniel hat den Prozess um Klarheit über das Oberhaupt der Wettiner selbst ohne große Aufgeregtheit im Hintergrund befördert. Drei Jahre lang wälzte er akribisch Schriften, Testamente und andere Festlegungen seiner Vorfahren. Eine Zuarbeit, die der Münsteraner Professor Heinz Holzhauer im Auftrag der männlichen Mitglieder des Hauses Wettin zu einem Gutachten zusammengefasst hat. Das 22-seitige Papier wiederum gab den fünf Mitgliedern des Adelsrechtsausschusses die Grundlage klarzustellen, wer der rechtmäßige Nachfolger zum Oberhaupt im Hause derer von Sachsen wirklich ist.

Keinesfalls nämlich Alexander Prinz von Sachsen. Der heute 62-jährige Adoptivsohn von Maria Emanuel von Sachsen hat sich bislang als solcher gesehen und auch tituliert. Zuletzt sorgte der auch in Mexiko lebende von Sachsen für Erregung unter den hiesigen Familienmitgliedern, als er sich im Mai dieses Jahres als Begleiter einer Bischofsabordnung von Papst Franziskus in Rom empfangen ließ.

Die Adelsrechtler mit Finckenstein stellten klar, dass „Herr Alexander Prinz von Sachsen nach den Bestimmungen der sächsischen Verfassung und des Hausgesetzes der albertinischen Linie weder Hausmitglied noch Chef des königlichen Hauses Sachsen (albertinische Linie) geworden ist“. Auf die gestern gestellte Nachfrage der SZ heißt es aus seiner Familie nur kurz angebunden, dass sich Alexander von Sachsen dazu nicht äußern wolle.

Weiteres Gutachten steht noch aus

Chef aller Wettiner ist Daniel von Sachsen deshalb aber noch nicht. Denn es gibt ja neben den Albertinern noch die ernestinische Linie. Deren drei Hauschefs Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach, Andreas von Sachsen-Coburg-Gotha und Konrad von Sachsen-Meiningen hatten zwar auch deutlich erklärt, dass Alexander als adoptierter Prinz nicht dem Adel angehöre, sondern lediglich nicht-adeliger Namensträger sei, aber die Ambitionen für alle Wettiner zu sprechen, hat offenbar einer der drei noch nicht aufgegeben.

Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach, ein heute 70-jähriger ehemaliger Bankdirektor, der im Hessischen zu Hause ist, hätte gern mehr zu sagen. Deshalb auch schreibt der Adelsrechtsausschuss in seinem Papier an Elmira von Sachsen, dass es vorerst ein Zwischengutachten ist, was derzeit auf der Internetseite der Wettiner zu lesen ist. Ein weiterer Gutachtenteil steht nämlich noch aus, formuliert Gottfried Graf Finckenstein: Dieser Teil konnte „hingegen leider nicht ausgehändigt und gültig werden, da von einem Beteiligten, dem Prinzen Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach, der Auftrag für ein Gutachten zurückgezogen worden ist“.

Deutlicher: Der Weimar-Eisenacher müsste noch zustimmen, dass der Moritzburger Daniel von Sachsen für alle das Oberhaupt ist. „Deshalb auch trage ich noch nicht den Titel Markgraf von Meißen. Es fehlt diese Stellungnahme vom Adelsrechtsausschuss.“ Erst wenn diese da sei, so der in Friedewald lebende von Sachsen, werde damit gerechnet, dass auch Michael zustimmt.

Unmissverständlich und von den Ernestinern anerkannt ist, dass Daniel für die Sachsen und die Albertiner spricht. Praktisch bedeutet das für ihn: „Ich möchte Land und Familie in Einklang bringen. Die Wettiner nach außen vertreten, aber auch Ansprechpartner für die Politiker im Land Sachsen sein.“ Ebenso, was die vermögensrechtlichen Dinge wie die Forderungen nach Rückgabe oder Ausgleich für Kunstgegenstände der Wettiner betrifft.

Zwischen den Wettiner Anwälten und den sächsischen Vertretern gilt im Handel um die Kunstschätze eine Verschwiegenheitserklärung. Deshalb will Daniel von Sachsen sich dazu nicht äußern. Er selbst habe übrigens noch nichts von den bisher veröffentlichten Zahlungen bekommen. „Mein Vater hat mir beim Sanieren des Hauses hier in Friedewald finanziell geholfen, aber ansonsten verdiene ich mir mit meinen drei Mitarbeitern im Forst das Geld für meine Familie selbst.“