Corona verleiht Riesaer Bier mehr Geschmack

Riesa. Bier und Geschichte sind seine Welt. Wenn beides zusammenkommt, läuft Hammerbräu-Braumeister Gunter Spies zu Höchstform auf. Sofort kann der norddeutsche Wahl-Riesaer mit Jahreszahlen aus der hiesigen Stadtgeschichte jonglieren, die jeden Hiergeborenen verlegen machen und nur Respekt zollen lassen.
"In Riesa wurde nachweislich 1542 Bier gebraut", weis Spies. Das gehe aus einer Urkunde hervor, die aus eben diesem Jahr stammt, in dem auch das hiesige Kloster in Folge der Reformation aufgelöst wurde. Bei der Bestandsaufnahme - heute würde man wohl Abwicklung dazu sagen - fanden Bedienstete des Kurfürsten eine Brauanlage im Kloster.
Auch wenn das ehemalige Kloster rund einen Kilometer elbaufwärts vom Riesenhügel entfernt ist, kokettiert der Hammerbräu-Wirt mit der Jahreszahl 1542 und verwendet sie auf Werbeplakaten und Bannern.
Eigentlich kurz vor Corona fertig
Seine neueste Kreation könnte selbst Biergeschichte schreiben. Denn es ist ein ganz besonderes Bier, das besser schmeckt, aber hoffentlich nicht so schnell wieder gebraut oder, besser gesagt, gelagert wird.
"Kurz vor der Corona-Sperre hatten wir unser Lagerbier soweit", erzählt Spies. Er hatte wie immer 1.000 Liter angesetzt. Normalerweise würden sie nach 21 Tagen in den Ausschank kommen. Doch dann kam der 18. März, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie verkündete. Sämtliche Gaststätten mussten schließen, durften bis letzten Freitag keine Gäste empfangen.
Das führte dazu, dass das Hammerbräu-Lager weitere 60 Tage reifen konnte. "Deshalb ist es seinem Namen noch näher gekommen", sagt Spies. "Es ist viel klarer als sonst, weil sich die Hefe abgesetzt hat." Das untergärige Bier schmeckt deshalb auch weniger nach Hefe, sondern hat eine angenehme milde Hopfennote.
Riesaer Pfarrer lockte mit Bier in die Kirche
"Bier lebt ja", betont der Braumeister. Es halte sich am besten, wenn es kalt ist, sich nicht bewegt und im Dunklen gelagert wird. "Deshalb sind Bierflaschen braun und nicht durchsichtig", so Spies.
Und wieder macht er einen Abstecher in die Geschichte des Bieres. "Früher hieß es: Montags gebraut, freitags verbraucht", erzählt er. Bier brauen gehörte noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts zum häuslichen Wochenrhythmus der Frauen, ähnlich dem Kuchenbacken. Doch nicht nur sie verstanden sich in dieser "Hausarbeit". Von einem Riesaer Pfarrer ist überliefert, dass er Bier gebraut haben soll, um seine durstigen "Schäfchen" in die Kirche zu locken.
Gunter Spies ist froh, dass die Corona-Sperre für Gaststätten rechtzeitig vor Christi Himmelfahrt aufgehoben wurde. Es wäre sonst schade um dieses schmackhafte Gesöff gewesen. "Denn es ist das ideale Männertagsbier", sagt der Braumeister. Seit letztem Freitag sei es am Hahn. Trotz des guten Neustarts am Wochenende sei noch reichlich von den 1.000 Litern vorhanden, damit Väter an ihrem Ehrentag zünftig anstoßen können.