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Darf Edeka am Siedlungsweg erweitern?

Der Kamenzer Stadtrat tat sich jetzt schwer mit dieser Frage. Das liegt auch am Einzelhandelskonzept der Stadt.

Von Frank Oehl
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Der schlichte Zweckbau von Edeka am Behördenzentrum in Kamenz ist an Grenzen gestoßen. Jetzt hat der Betreiber eine Erweiterungsinvestition vor. Dafür würde sich die Fläche auf der grünen Wiese hinter der Halle (im Blick) eignen. Der Stadtrat hatte über e
Der schlichte Zweckbau von Edeka am Behördenzentrum in Kamenz ist an Grenzen gestoßen. Jetzt hat der Betreiber eine Erweiterungsinvestition vor. Dafür würde sich die Fläche auf der grünen Wiese hinter der Halle (im Blick) eignen. Der Stadtrat hatte über e © Matthias Schumann

Kamenz. Die Stadt Kamenz hat sich vor sechs Jahren ein Einzelhandelskonzept gegeben. Das war ein längerer Prozess der Willensbildung, der immer wieder Niederschlag auch in aktuellen Entwicklungen fand und findet. Zum Beispiel war das Konzept jetzt Gegenstand der Debatte im Stadtrat am Mittwoch, die zum Thema „Edeka-Erweiterung“ zunächst öffentlich begann, und dann doch hinter verschlossenen Türen endete. Worum geht es?

Es geht um die Frage, ob der Supermarkt Edeka, der vom Ehepaar Peltzer betrieben wird, am Siedlungsweg nun erweitern darf oder nicht? Dies wird letztlich auf Kreisebene entschieden, aber dort prüft man natürlich sehr genau die Rechtmäßigkeit einer Erweiterungsinvestition auf der grünen Wiese. Und dabei wirft man in Bautzen auch einen Blick in das Kamenzer Einzelhandelskonzept. Es gibt einen Rahmen vor, ohne eine Blaupause für alle Vorhaben in Sachen “Handel & Wandel“ sein zu können. Der Einzelfall entscheidet.

In der schlichten Halle an die Grenzen gelangt

Edeka jedenfalls ist in der schlichten Halle am Siedlungsweg längst an die Grenzen gelangt. Während eigentliche Discounter wie Lidl oder Aldi auch in Kamenz massiv in Supermarkt-Qualität investieren, bleiben private Franchise-Nehmer unterm Supermarkt-Logo zwangsläufig zurück, wenn sie sich nicht auch immer wieder erneuern. Edeka sieht eine Sanierung und Erweiterung als „dringend erforderlich“ an, um den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden. Darin werden die Betreiber auch durch den Augenschein bestätigt. Auf den jetzigen l 000 Quadratmetern geht es sehr eng zu, und was ansprechendere Verkaufskultur positiv anrichten kann, sieht man an anderer Stelle. Zum Beispiel bei Edeka in Radeberg oder auch bei Rewe in Pulsnitz. Da möchte bzw. müssen Peltzers nachziehen. Zunächst auch mit einer Markterweiterung auf dann l 950 Quadratmeter.

Diese Verdopplung der Verkaufsfläche aber ist das Problem. Sie ist derzeit im Einzelhandelskonzept gar nicht darstellbar. Das hat schon 2013 eine sehr hohe Pro-Kopf-Verkaufsfläche in der Stadt ausgewiesen, und der demografisch bedingte Einwohnerrückgang ist ja weiter gegangen. Lieberwirth: „Die letzte Eingemeindung tut hier nichts zu Sache, weil die Schönteichener ja schon immer Kunden in Kamenz sind.“ Er und auch andere Stadträte – zum Beispiel Maik Weise (CDU) – schlugen deshalb vor, die im Beschluss zur Edeka-Erweiterung nachrangige Anpassung des Einzelhandelskonzeptes ausdrücklich vorzuziehen. „Schon vor zwei Jahren haben die Raumordnungsbehörde und auch der regionale Planungsverband Bedenken gegen die Erweiterung der Handelsflächen an dieser Stelle gehabt“, so Lieberwirth. Die Landesdirektion hatte angemahnt, dass ein Großmarkt nur innerstädtisch oder in zentralen Versorgungsbereichen zulässig ist. Schon, um den Investor nicht unnötig ins Risiko einer Ablehnung zu setzen, müsste also zunächst das Konzept verändert werden, so die Kritiker.

Rathaus sieht den Änderungsbedarf

Das Rathaus sieht den Änderungsbedarf natürlich auch. OB Roland Dantz: „Das Konzept von 2013 hatte innerstädtische Potenzialflächen ausgewiesen, die es gar nicht mehr gibt.“ Dies waren gewesen: Der Parkplatz am Bönischplatz, für den es längst andere Pläne gibt. Das Parkdeck am Lessingmuseum, das nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand zum Kaufhaus umgerubelt werden könnte. Und die Fläche unterhalb der Lessingschule, die auch auf Wunsch vieler Kamenzer nun gymnasiale Erweiterungsfläche geworden ist. Für Dantz steht fest, dass Edeka am Siedlungsweg auch eine wichtige innerstädtische Aufgabe übernommen hat – nicht nur in der Nähe großflächiger Wohnbebauung (L-Block), sondern auch quasi für das ganze Behördenzentrum. „Wir sollten hier keine Bremsen ziehen, die eine wichtige Entwicklung verhindern.“

Das gilt übrigens in mehrfacher Hinsicht, und deshalb stimmte der Stadtrat ja dem Vorhaben nach interner Beratung auch einstimmig zu – mit dem vorgezogenen Änderungsverfahren für das Einzelhandelskonzept, versteht sich. Die von Edeka ins Auge gefasste Fläche gehört nämlich der städtischen Wohnungsgesellschaft SWG. Und da drückt etwas der Zeitschuh. Die SWG unterliegt in ihrem mieteinträglichen Handeln nach wie vor einem mit den Gläubigerbanken abgestimmten Finanzsanierungskonzept. Und da gehören auch Verkaufserlöse dazu. Die Teilfläche hinterm Edeka-Markt könnte etwas mehr als 300 000 Euro einbringen, heißt es. Und das ist nun wirklich kein Pappenstiel.