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Darum war Kretschmers Besuch richtig

Versachlicht Sachsens MP die Debatte oder macht er Extremisten salonfähig? Wieso Kretschmers Besuch am Sonntag richtig war - ein Kommentar.

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War Michael Kretschmers Besuch bei Dresdner Corona-Demonstranten am Sonntag angemessen? Ja, sagt SZ-Redakteur Tobias Winzer.
War Michael Kretschmers Besuch bei Dresdner Corona-Demonstranten am Sonntag angemessen? Ja, sagt SZ-Redakteur Tobias Winzer. © Montage SZ, Foto: René Meinig

Von Tobias Winzer

Diese Debatte hatten wir schon einmal. Wie gehen wir mit Demonstrationen um, bei denen Verschwörungstheoretiker und Rechtsextremisten mitlaufen oder diese gar komplett kapern? Vor etwa fünf Jahren, als sich überall im Land Protest gegen Flüchtlinge formierte, stellte sich diese Frage. Nun diskutiert Sachsen wieder. 

Der Auslöser ist der Besuch von Ministerpräsident Michael Kretschmer bei der Corona-Demo in Dresden am vergangenen Wochenende. Macht er damit Extremisten salonfähig oder gelingt es ihm damit, die aufgeheizte Debatte um die Corona-Schutzmaßnahmen zu versachlichen? In etwa zwischen diesen beiden Polen wird nun über die Aktion diskutiert.

Eines kann man Kretschmer in jedem Fall nicht vorwerfen: Dass er es sich leicht gemacht hat. Niemand hätte von ihm erwartet, dass er den Corona-Demonstranten einen Besuch abstattet. Er hat es doch getan - und musste sich dafür vor Ort beschimpfen und von vielen Kommentatoren in den sozialen Netzwerken kritisieren lassen. Dass er dabei keinen Mundschutz trug, hat ihm sogar eine Anzeige beschert.

Kretschmer kann das egal sein. Denn er weiß, dass sein Stil bei mindestens genauso vielen Menschen gut ankommt. Das Gespräch suchen – auch wenn das aussichtslos erscheint: Damit hat er sich sachsen- und auch bundesweit Anerkennung verschafft. Es ist zu seinem Markenkern geworden. Und es ist nachvollziehbar, dies in dem Fall ohne Maske zu tun. Denn es wäre aussichtslos gewesen, maskengeschützt mit Menschen reden zu wollen, die diese mehrheitlich ablehnen.

Seine etwa einstündige Stippvisite vor vielen Handy- und Fernsehkameras hat zwei Dinge öffentlich gemacht. Unter den Demonstranten scheinen einige nicht an einer sachlichen Diskussion interessiert zu sein. Sie schaffen es nicht, Menschen, die nicht ihre Meinung teilen, den Respekt entgegenzubringen, den sie selbst einfordern. 

Außerdem ist den Demonstranten nun ein Argument für ihren Protest verloren gegangen: Jenes, dass sich niemand von denen „da oben“ für sie interessiert. Kretschmers Demo-Besuch war kein Fehler, er war genau richtig.

Mail an Tobias Winzer

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