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Das „blonde“ Mädchen von der Litfaßsäule

Lange blonde Haare, Zahnpastalächeln, braune Augen. Julia Heber ist das bekannteste Gesicht des Landkreises. Tausendfach ist sie auf den Plakaten zum historischen Festumzug zu sehen. Und tausendfach wird ihr Bild am Sonntag in die Hand genommen.

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Von Thomas Drendel

Lange blonde Haare, Zahnpastalächeln, braune Augen. Julia Heber ist das bekannteste Gesicht des Landkreises. Tausendfach ist sie auf den Plakaten zum historischen Festumzug zu sehen. Und tausendfach wird ihr Bild am Sonntag in die Hand genommen. Die 16-jährige Gymnasiastin ist nämlich auch auf dem „Titel“ des Programmheftes abgebildet. Wie es dazu kam, ist einer ganzen Reihe von Zufällen zu verdanken.

Angefangen hat alles mit ihrem Hobby. Sie spielt gern Theater und wollte sich in diesem Sommer nicht den „bestbezahlten Ferienjob Bautzens“ entgehen lassen. „Deshalb bewarb ich mich als Statistin für das Sommertheater.“ Sie bekommt den Job und soll als Hofdame und Musikerin spielen. Wenig später steht eine Pressekonferenz zum Sommertheater an. Da müssen die Einlassmädchen in ihren Kostümen Getränke reichen. Doch der Termin liegt so ungünstig, dass einige Mädchen noch in der Schule, zum Studium oder im Büro sind. Das ist der erste Zufall. Julia Heber springt mit einer Freundin ein. Und, zweiter Zufall, die beiden werden dort in ihren Tausendschönchen-Kostümen fotografiert. Ihr Bild erscheint in einigen Zeitungen. „Danach dachte ich, das war’s. Ich hab’ der ganzen Sache keine Bedeutung mehr beigemessen.“ Doch kurz darauf ruft das Theater bei ihr an. Die Firma, die die Plakate zum Festumzug entwirft, will Julia Heber und ihre Freundin gern auf dem Plakat haben. „Weil man uns schon kennt, sagten sie.“ Also gehen die beiden in die Agentur, um die passenden Bilder zu schießen. „Über 30 Fotos haben die mit uns zweien gemacht, und nur ganz wenige einzeln. Außerdem sagten sie, wir kämen nur ganz klein in die Ecke des Plakates.“

Wenige Wochen später traute Julia Heber ihren Augen nicht. Ausgerechnet in ihrer Schule sah sie das erste fertige Plakat. „Davon, dass ich so groß darauf erscheine, war ja nie die Rede. Offensichtlich ist diese Idee den Gestaltern erst in letzter Minute gekommen.“

Jetzt ist sie schon stolz, für das Plakat ausgewählt worden zu sein. „Aber manchmal überkommt mich schon ein mulmiges Gefühl, wenn ich auf dem Schulweg alle hundert Meter mein Gesicht sehe.“ Aber so richtig findet sie sich auf dem Foto nicht getroffen. „Es sieht mir schon ähnlich, aber nicht wirklich.“ Daran ist sicher die blonde Perücke Schuld. Julia Heber hat sich zur Zeit ihre Haare braun gefärbt. „Außerdem ist die Schminke ziemlich dick aufgetragen. Und die Augenfarbe stimmt auch nicht. Meine sind nämlich grün.“

Kaum einer ihrer Mitschüler hat sie deshalb zunächst auf dem Plakat erkannt. „Sogar meine Eltern mussten zweimal hingucken.“ Sie kann deshalb noch durch die Stadt gehen, ohne dass sich jemand nach ihr umdreht. Nur manchmal wird an sie die Frage gestellt: Sind sie nicht die auf dem Plakat? Jetzt aber, wo sich das alles schon herumgesprochen hat, bekommt sie manchmal zu hören, „Ah, das Mädchen von der Litfaßsäule.“ Trotz ihrer „Blitzkarriere“ als Model, will sie diese Richtung beruflich nicht einschlagen. „Da bin ich vielleicht nicht der Typ dazu.“

Jetzt beendet sie erstmal die Schule und nebenbei wird weiter Theater gespielt: in der Jugendgruppe des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters und im Steinhaus. Nach dem Abi kommt ein Studium. „Welche Richtung ich studiere, weiß ich noch nicht.“

Alle die hoffen, Julia Heber in ihrem Kostüm beim Festumzug zu treffen, muss sie enttäuschen. „Nein, ich werde nicht mitlaufen. Das Bild zur Französischen Revolution, wo ich eigentlich dabei sein wollte, wurde gestrichen.“ Sie wird aber am Straßenrand stehen und sich den Umzug ansehen. Doch niemand sollte mit dem Plakat in der Hand den Versuch unternehmen, sie zu finden. Foto und Original sehen sich wirklich nicht ähnlich.