Von Sandro Rahrisch
Die Erdkruste unter Riesa ist heiß. So heiß, dass zwei 130 Meter tiefe Bohrungen ausreichen würden, um ein Einfamilienhaus mit Wärme zu versorgen. Und das dauerhaft. Bei der Nutzung von Erdwärme ist der Landkreis Meißen Spitze: Rechnet man die Entzugsleistung auf alle Einwohner auf, stünden jedem Bürger ständig 29,2 Watt Heizleistung und 4,5 Watt Kühlleistung zur Verfügung – Tendenz steigend.
Anlage kostet etwa 30000 Euro
„Von einem Boom zu sprechen wäre sicherlich übertrieben“, sagt Jens Krause. Der Coswiger installiert etwa 30 Erdwärmeanlagen im Jahr. „Aber es ist deutlich spürbar, dass immer mehr Hausbauer auf Erdwärme umsteigen.“
Warum? Mit der Energie aus der Tiefe lässt sich Geld sparen. „Für ein 120 Quadratmeter großes Eigenheim bezahlt man im Jahr rund 450 Euro an Heizkosten“, sagt der Großenhainer Klempnermeister Maik Ulbricht. Für Öl und Gas müsse man etwa das Doppelte hinblättern. Das Nonplusultra wäre die Kombination mit einer Solaranlage auf dem Dach.
Doch die Technik hat ihren Preis: Allein die Bohrung kostet zwischen 5000 und 7000 Euro, sagt der Nossener Sanitärmeister Frank Seifert. Berechnet wird pro Meter. Und: Wird tiefer als 100 Meter gebohrt, muss das Bergbauamt Grünes Licht geben. Doch auch die Geräte, die eine Nutzung der Erdwärme überhaupt erst ermöglichen, kosten Geld. Für eine Luftwärmepumpen muss man samt Installation gut 25000 Euro berappen. Damit rechnet sich die Investition erst nach acht bis zehn Jahren. „Das schreckt viele ab“, sagt Seifert.
Vor allem in Radebeul ist die Zahl neuer Erdwärmeanlagen stark gestiegen. „Das ist aus Sicht des Naturschutzes zu begrüßen“, sagt Brigitte Heyduck vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (Bund). „Allerdings liegt der Verdacht nahe, dass die hohen Einkommen in der Weinstadt das ermöglicht haben. Außerdem breiten sich Innovationen meist von Großstädten aus.“ Die Geografin mahnt bei Rankings wie diesem zur Vorsicht. Zwar liege der Landkreis Meißen vorn bei der Nutzung von Erdwärme. Dass beispielsweise Görlitz einen der hinteren Plätze einnimmt, kann von der Wärmespeicherfähigkeit des Bodens dort abhängen.
An der Elbe ist es am wärmsten
Die Region Großenhain zählt zu jenen Gebieten in Sachsen, deren Boden die aus dem Erdinneren aufsteigende Wärme am besten speichert, verrät der Geothermie-Atlas des Landes-Geologieamtes. Und je näher man der Elbe kommt, umso wärmer wird es. Denn östlich und westlich des Flusses ist der Grundwasserspiegel erhöht. Und Wasser speichert schließlich Wärme. Noch ist der Geothermieatlas nur für den nördlichen Teil des Landkreises verfügbar. Die Erdwärme rund um Radebeul sowie unter der Landeshauptstadt Dresden soll demnächst im Internet recherchierbar sein, sagt Karina Hofmann vom Landes-Geologieamt.
Bohrungen sind zwar auch schon in einer Tiefe von 40 Metern möglich. Speicherfähiges Gestein taucht aber oft erst in 100 Metern Tiefe auf. Im Gegensatz zu anderen regenerativen Energieträgern wie Wind und Sonne, steht Erdwärme – auch Geothermie genannt – rund um die Uhr und unabhängig von Jahreszeit und Wetter zur Verfügung.
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