Von Martin Stolzenau
Maria Cunitz wird in vielen Lexika als „gelehrtes Weib“ sowie „schlesische Pallas“ bezeichnet, aber fast nie ausführlich behandelt. Dabei vollbrachte sie bedeutende Leistungen in der Astronomie. Gelehrtenkollegen bezeichneten sie als „Königin unter den schlesischen Frauenzimmern“. Inzwischen trägt auf dem Planeten Venus sogar ein Krater ihren Namen.
Maria Cunitz wurde am 29. Mai 1610 in Wohlau bei Schweidnitz (heute Swidnica) geboren. Ihr Vater war ein promovierter Mediziner, der die Güter Hoch-Giersdorf sowie Kunzendorf besaß. Marias Mutter war eine Tochter des fürstlichen Rates Anton von Scholtz in Raischmannsdorf. Die gebildeten Eltern erlaubten dem wissbegierigen Mädchen bereits früh die Teilnahme am Privatunterricht für den älteren Bruder. Maria konnte mit fünf Jahren lesen und erlernte danach sechs Fremdsprachen. Dazu gesellten sich Kenntnisse in der Mathematik, Astronomie sowie Arzneikunde und auch künstlerische Begabungen.
Nach dem Umzug nach Schweidnitz setzte das Mädchen ihren Wissenserwerb fort. Die Eltern bremsten schließlich diese Entwicklung und drängten auf eine frühe Heirat. David von Gerstmann, Jurist aus einer Bunzlauer Ratsfamilie, war der Glückliche. Da zählte Maria 13 Jahre. Doch der erheblich ältere Ehemann tolerierte die geistige Betätigung seiner Frau, duldete die nächtliche Sternguckerei und nahm auch die Vernachlässigung des Hauswesens hin. Als Gerstmann nach ein paar Jahren starb, kam die junge Frau zurück in den Haushalt der Eltern. Dabei lernte sie Elias von Löwen kennen, der als Arzt praktizierte und sich nebenbei mit Mathematik und Astronomie befasste. Beide wurden bald wissenschaftlich und privat ein Paar. Sie ergänzten sich in ihren Forschungen prächtig. Maria entwickelte sich unter Anleitung ihres zweiten Mannes zu einer gelehrten Mathematikerin und Astronomin, die fortan überaus systematisch wissenschaftlich arbeitete. Sie konnte es bald mit jedem männlichen Fachkollegen aufnehmen.
Maria erschloss sich die Erkenntnisse von Johannes Kepler, erkannte die Unvollkommenheiten von dessen astronomischen Berechnungstabellen und entwickelte pionierhaft eigene Berechnungsmethoden. Daraus entstand ein zweibändiges Werk, das sie 1650 auf eigene Kosten unter dem Titel „Urania Propitia“ veröffentlichte. Das war für sie als Frau ein Wagnis, zumal das heliozentrische Weltbild noch umstritten war. Zur Sicherheit widmete sie ihre Schöpfung dem Kaiser Ferdinand. Ihre Arbeit gedieh zur Sensation. Die europäischen Fachgrößen traten mit ihr in einen Briefwechsel. Damit hatte sie den durchweg von Männern besetzten Olymp der Gelehrtenwelt erklommen. Darüber starb die Forscherin am 24. Juni 1664 in Pitschen bei Brieg, drei Jahre nach ihrem zweiten Mann. Mehrere Internet-Quellen geben dagegen den August als Sterbemonat an.