Das halbe Leben in der Kommunalpolitik

Hoyerswerda. Kritik, manchmal harte, gehört zur Tätigkeits-Beschreibung. Fast jeder Gemeinde-Chef kennt das: Mindestens die Hälfte der Leute findet, was man tut, falsch oder nicht ausreichend. Und so wird Stefan Skora kaum überraschen, was Lutz Tantau über ihn sagt, der Chef der Freien Wähler in Hoyerswerdas Stadtrat: In einer Fabel wäre der Oberbürgermeister eine graue Maus mit Hang zum Stillstand. Begründung: Touristische Akzente als wesentliche Möglichkeit der Entwicklung im Seenland sehe man in anderen Gemeinden, in Hoyerswerda kaum. Dennoch, so Tantau, wünsche er Skora alles Gute und viel Gesundheit. Denn der Rathaus-Chef hatte vorgestern Geburtstag. Zu Stefan Skoras Sechzigstem hat das Tageblatt Mitte der Woche Wegbegleiter um eine persönliche Einschätzung seines öffentlichen Wirkens gebeten. Die Antworten, die bis zum Freitag Morgen eintrafen, sind Basis für diesen Text.
Mitglied des Runden Tisches
Stefan Skora ist der Sohn von Tischler Hubert Skora. Die Familie ist katholischen Glaubens. Über die Jugendarbeit der Kirche und später der Kolpingfamilie kennt Stadtrat Michael Mandrossa (CDU) den heutigen OB schon viele Jahre. Er stimmt zu, dass Skora ein sehr integrer Mann sei – und ein beharrlicher dazu: „Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er es durch.“ Gemeinsam holten die beiden etwa 1997 den Bundeshauptausschuss des Kolpingwerkes nach Hoyerswerda. Vielleicht war das eine gute Übung für das folgende Jahr, als Skora bei der Organisation des Tages der Sachsen in Hoyerswerda den Hut aufhatte. Zu diesem Zeitpunkt gehörte er zum Stab seines Amtsvorgängers Horst-Dieter Brähmig.
Stefan Skora ist jetzt sein halbes Leben lang kommunalpolitisch tätig. Zur Friedlichen Revolution schickte seine Kirchgemeinde den Verfahrenstechnik-Ingenieur an den Runden Tisch des Kreises Hoyerswerda. Unversehens wurde er 1990 Kreisrat und Mitarbeiter von Landrat Wolfgang Schmitz. Mit der Kreisreform 1996 wechselte er ins Rathaus, wurde 2001 Finanz-, Ordnungs- und Baubürgermeister. Hier begann er mit einem Vorhaben, das bis heute andauert: dem Abbau eines dazumal immensen Schuldenbergs. „Er hat es geschafft, die städtischen Finanzen wieder auf solide Füße zu stellen“, sagt der CDU-Fraktionschef im Stadtrat, Frank Hirche.
In die Funktion hineingewachsen
2006 wurde Skora erstmals zum Oberbürgermeister gewählt. Viele hielten ihn damals für zu blass. „Er ist in seine Funktion hineingewachsen, hat sich positiv entwickelt“, findet Linksfraktions-Chef Ralf Haenel und fügt an: Was manche vom OB verlangen würden, nämlich mehr Härte, müsse einem liegen. Er, Haenel, sei da ähnlich gestrickt und könne das auch nicht. Der Vorsitzende der Fraktion Aktives Hoyerswerda/Grüne, Hans-Joachim Donath, erinnert sich daran, wie der Vorschlag der Wählervereinigung, einen Bürgerhaushalt einzuführen, erst nicht auf so viel Gegenliebe stieß – dann aber doch. Skora erweise sich seiner Wahrnehmung zufolge zunehmend als Partner der Stadträte. Donaths SPD-Kollege Uwe Blazejczyk findet gut, dass man sich auf das Wort des Oberbürgermeisters verlassen könne. „Wenn gesprochen, dann gilt es“, sagt er. Solche Verlässlichkeit sei in der Politik keine unwichtige Sache.
Manchmal ist – wie beim Bürgerhaushalt – zuvor Überzeugungsarbeit nötig. Erfahren haben das beispielsweise Inge Ilin und Helfried Skoddow vom Verein „Braugasse 1“. 2008 machten sie dem Oberbürgermeister klar, warum die über Jahre verschleppte Sanierung und Wiederinbetriebnahme des ehemaligen Ballhauses eine wichtige Sache wäre. Skora machte das Bürgerzentrum zur Chefsache. Mittlerweile ist die Angelegenheit, die eine Reihe von Bürgern lange Zeit wurmte, erledigt.
Lob von den Amtskollegen
Über die letzten Jahre hat sich auch die Kooperation mit den Nachbarkommunen verbessert, von wo Hoyerswerda früher schon einmal den Vorwurf der Arroganz zu hören bekam. „Ich glaube, sagen zu können, dass Stefan Skora und ich und damit auch die Stadt Hoyerswerda und die Gemeinde Elsterheide eine vertrauensvolle Zusammenarbeit pflegen“, sagt Dietmar Koark. Der Elsterheide-Bürgermeister ergänzt, er schätze am Amtskollegen aus der Nachbarstadt vor allem seine sachliche und ausgeglichene Art. Frank Lehmann aus Lauta beschreibt Skora als pragmatisch: „Auch in Zukunft wird es die gemeinsame Aufgabe der politisch Verantwortlichen in der Stadt und in der Region sein, für eine gute kommunale Aufgabenerfüllung alle sinnvollen Möglichkeiten der Kooperation über Stadt- und Gemeindegrenzen hinweg effektiv zu nutzen.“ Bernsdorfs Rathaus-Chef Harry Habel stimmt zu: „Wenn Bernsdorf als kleinere Verwaltung Hilfe und Unterstützung benötigt, können wir stets auf Hoyerswerda zählen.“ Skora persönlich danke er für das gemeinsame Wirken im Hinblick auf eine bessere Verkehrsanbindung der Region, speziell den Ausbau der Bundesstraße 97 und die Ertüchtigung der Bahnverbindung nach Dresden. Lohsas Bürgermeister Thomas Leberecht sagt, auch er empfinde ein Zusammenstehen für gemeinsame Angelegenheiten: „So nehmen wir beide viele Termine zum Strukturwandel, der Realisierung der umfänglichen Aufgaben in der Lausitzrunde und zum Lausitzer Seenland wahr.“ Die Arbeit mit Skora sei aber nicht nur auf dienstlicher Ebene angenehm, sondern auch menschlich.
Verzicht auf weitere Kandidatur
Stefan Skora ist unlängst Großvater geworden. Er sagt, das verändere die Perspektive aufs Leben durchaus. Seine Entscheidung, im Herbst nicht noch einmal zur Oberbürgermeisterwahl anzutreten, sich nicht um eine dritte Amtszeit zu bewerben, begründete er im Januar mit seinem Alter: „Hoyerswerda braucht einen jungen Entscheider, der an der Spitze steht.“ Als er 2006 Oberbürgermeister wurde, war er Mitte 40. „In der Tat besser“ lautete zuvor das Motto seiner Wahl-Kampagne, die seine CDU damals gemeinsam mit SPD, FDP und Freien Wählern als „Wahlplattform“ führte. Längst nicht alle Blütenträume sind seither gereift und dazu, was nun besser oder schlechter ist, gibt es die pointiertesten Meinungen. Skoras Nachfolger oder Nachfolgerin wird es da nicht anders ergehen. Und die Geschichte ist zu Kommunalpolitikern meistens doch gnädiger als ihre unmittelbaren Zeitgenossen. Als Horst-Dieter Brähmig, auch nicht unbedingt immer bei allen wohlgelitten, im Oktober des Jahres 1998 seinen sechzigsten Geburtstag feierte, da zitierte das Tageblatt eines seiner Lieblingssprichwörter. „Die Zeit ist eine Schneiderin, die ändert!“


