Von Dorit Oehme
Mit wachsamen Augen schaut Achim Manowski um sich. Bis zu seiner Pensionierung vor vier Jahren stand er im Stellwerk des Bahnhofs in Freital-Potschappel seinen Mann. „Sicherheit war oberstes Gebot. Man musste flexibel sein und von einer Minute auf die andere umdenken können“, sagt der 61-Jährige rückblickend. Zur Ruhe gesetzt hat er sich nicht. Vielmehr schaltet und waltet er jetzt vier bis fünf Mal pro Woche in der Katholischen Kirche Freital als ehrenamtlicher Küster.
Sonntag morgen, wenn die Straßen noch wie ausgekehrt sind, rollt er bereits mit seinem Auto vom Plauenschen Grund her kommend durch Freital. Gegen 8 Uhr schwenkt er ins Poisental ein, um kurz darauf hinter der ehemaligen Lederfabrik abzubiegen und im Bogen an das rotziegelige Kirchgebäude auf der Johannisstraße heranzufahren.
Achim Manowski schließt die Haustür auf, steigt in den ersten Stock hinauf und betritt den Kirchenraum. Das Morgenlicht bricht sich in den bunten Fenstern. Manowski bekreuzigt sich, geht am Altarraum vorbei in die Sakristei. Dort hat er sein Reich. Ein großer Holzschrank mit geheimnisvollen Fächern und Schubkästen wartet auf ihn. Gegenüber steht ein breiter Kleiderschrank.
Es sind tausend Dinge, an die der Küster nun denken muss: Er hat u.a. den Altar vorzubereiten, die Messbücher aufzuschlagen und die Gewänder für den Pfarrer und die Ministranten zurecht zu legen. Passend zu den jeweiligen Zeiten im Kirchenjahr wählt er die Farben aus. Im Advent und vor Ostern ist zum Beispiel Violett üblich, zu Weihnachten hingegen Weiß.
„Der Küster muss in der Liturgie zu Hause sein“, sagt Pfarrer Michael Teubner. „Dieses Amt verlangt Einfühlung in die Materie. Außerdem muss er absolut verlässlich sein, denn er hat es mit Kunstgegenständen zu tun, mit wertvollen Kelchen und Büchern, mit Geld und all den Sachen, die die Kirche besitzt, bis hin zum Schlüssel.“
Achim Manowski erzählt, dass er als Junge in seiner damaligen Heimat im oberschlesischen Beuthen schon Ministrant war. „Manchmal durfte ich auch küstern“, fügt er hinzu und seine Augen strahlen, als sei ihm gerade noch einmal ein großer Coup gelungen. „Ich mache meine Arbeit wirklich gerne. Es ist kein Opfer für mich, obwohl viel Zeit draufgeht.“
Manowski bräuchte das nicht zu sagen. Das Tabernakel, in dem das Allerheiligste aufbewahrt wird, strahlt. Die Altarleuchter glänzen. Die Kerzen sehen aus, wie frisch aufgesteckt. Keine Nasen, kein wulstiger Rand. Der schwarze Docht ist kurz. „Sonst würden sie qualmen.“ Hier ist ein Spezialist am Werk, der auf Feinheiten achtet, als gelte es edle Gäste zu bewirten. „Ein Gottesdienst ist wie eine festlich gedeckte Tafel“, sagt Manowski. Am glücklichsten sei er, wenn er am Schluss höre: „Das war schön heute.“ Auch wenn er nur einen kleinen Teil dazu beitrage. Das Wichtigste sei, dass alle Kraft schöpfen für die Woche und gerne wiederkommen.