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Das kleine Bierchen im Stehen kommt in Mode

Der „ Sächsische Hof“ auf der Gartenstraße, Ecke Klosterstraße wurde vor 130 Jahren errichtet.

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Von Rainer Rippich

Nach zehn Jahren übernahm Richard Fritsche das Lorenz’sche Grundstück und erhielt im Juni 1898 die volle Konzession. Die vielen Bäume auf der historischen Ansicht aus dieser Zeit erinnern an den Charme der damaligen Gartenvorstadt. Schaut man heute über die verkehrsreiche Kreuzung, so ist das Anwesen kahl und baumlos. Im Jahre 1908 wurde mit der Bergschlösschen-Brauerei und Malzfabrik, Gebr. Schrey A.G., Braustraße 4, ein ausschlaggebender Besitzerwechsel vollzogen.

Gartenvorstadt mit Charme

Das Unternehmen besaß bereits mehrere Gasthöfe in Pirna und sicherte sich dadurch u.a. auch seinen Bierumsatz. Wo heute die Reste der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Bierbrauerei abgerissen werden, befand sich bereits seit 1855 die Commune-Bierbrauerei. In ihr wurde industriell Pirnaer Bier gebraut. Die Brauerei zum Felsenkeller Dresden, Nachfolgerin der Bergschlösschen-Brauerei, gab 1953 als letzte Eigentümerin das Haus in städtischen Besitz ab.

Die Bergschlösschen-Brauerei stellte im Dezember 1908 als Pächter für den Fremdenhof „Sächsischer Hof“ Robert Tandier ein. Der Ausschank fand in zwei Gasträumen des Erdgeschosses, in einem Vereinszimmer (Salon) im Obergeschoss, auf der Veranda und dem vor dem Hotel gelegenen Garten statt. In den acht übrigen Zimmern im ersten und einem Zimmer im zweiten Obergeschoss logierten die Gäste. Das Ausspannen und Krippensetzen durfte nur im Hofgelände stattfinden, da auf der Straße beides strengstens verboten war. Nach nur einem Jahr erfolgte der nächste Pächterwechsel. Nachfolger von R. Tandier wurde ab April 1909 Richard Paul, der nach kurzer Dauer seinen Dienst aufgab. Noch im gleichen Jahr schloss der Gastwirt Emil Weber mit der Bergschlösschen-Brauerei Pirna einen Pachtvertrag ab.

Als erfahrener Gastwirt, hatte Weber vorher „Seifert’s Restaurant“ auf der Breiten Straße bewirtschaftet. Er erhielt bis auf das Krippensetzen die Konzession im bisherigen Umfang. Weber veranlasste umfangreiche bauliche Veränderungen. So wurde im August 1912 ein notwendiger Küchenanbau hofseitig genehmigt, der vom Pirnaer Baumeister Fürchtegott Chemnitzer realisiert wurde. Außerdem ließ er, links vom Hausflur gelegen, eine Stehbierhalle einrichten. Diese Schankart, ein Bierchen und Schnäpschen auf die Schnelle zu verabreichen, war damals in Mode gekommen. An anderen Stellen von Pirna hatten sich bereits Stehbierhallen etabliert. Die Stehbierhalle im „Sächsischen Hof“ wurde von Stammgästen geschätzt. Sie existierte noch bis 1950.

Pächter wechselten

Hatte der rege Besucherstrom etwas mit der günstigen Verkehrslage zum Bahnhof zu tun? In dieser Zeit fuhren täglich viele Pendler von Pirna nach Dresden, Königstein, Gottleuba, Neustadt oder Arnsdorf zur Arbeit. Nach getaner Arbeit wurde sich hin und wieder ein Gläschen in vertrauter, gemütlicher Runde genehmigt.

Familie Harich schloss im Juli 1917 einen Pachtvertrag ab, der über einen langen Zeitraum bis 1945 bestand. Hermann Harich sen. führte bis zu seinem Tod 1921 als Gastwirt die Geschäfte. In dieser Zeit wurden verschiedene Baumaßnahmen verworfen, dagegen bedeutende Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt.

2. Teil, Teil 1 erschien am 18. Juli,

Serie wird fortgesetzt.