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Das Kunstblumen-Unternehmen wird aufgelöst

Eine mehrteilige Seriein der SZ widmet sichder Geschichte des VEB Kunstblume in Sebnitz.

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Von Herbert Bergmann

Unter marktwirtschaftlichen Bedingungen war das Unternehmen nicht mehr existenzfähig. Das Konglomerat von Produkten war nicht konkurrenzfähig. Ehemalige Eigentümer stellten Rückforderungen.

Die Vorteile der Subventionierung für Exporte in Devisenländern waren entfallen. Der nsw-Export (nsw = nichtsozialistisches Währungsgebiet) wurde bis zu 95 Prozent staatlich gestützt. Das wirkte sich so aus, dass zum Beispiel 1990 ein Weihnachtskranz, der für 2,50 DM vom VEB Kunstblume verkauft wurde, in Nürnberg für 25 bis 30 DM angeboten wurde. Den Export in die Länder des Ostblocks gab es nicht mehr. Die Exportpreise waren nicht vom Betrieb bestimmt worden, sondern zentral mit Zustimmung der Demusa aufgrund eines Umrechnungsfaktors. In vielen Ländern waren Kunstblumenhersteller entstanden. So gab es schon 1950 in und um New York 200 Kunstblumenfabriken, später auch in der Sowjetunion, in der Tschechoslowakei (Centro flor in Dolni Poustevna), Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland. Ende der achtziger Jahre waren ostasiatische Länder wie Japan, China, Südkorea nicht nur durch niedrige Preise (bedingt durch niedrige Löhne), sondern auch durch verbesserte Qualität, Feuchtigkeitsresistenz, Farb- und Formgestaltung in der Kunstblumenbranche führend geworden.

In den alten Bundesländern haben sich die Kunstblumenfabriken nicht halten können. Die in Deutschland kalkulierbaren Preise lagen mindestens 100 bis 150 Prozent über denen von Fernost (China, Japan, Taiwan etc.). Ein Beispiel ist der Nachfolgebetrieb des früheren renommierten Kunstblumenunternehmens Mey & Co in Trier-Ehrang.

Auch in Sebnitz gab es Bestrebungen, die Tradition der Sebnitzer Kunstblumenindustrie aufrecht zu erhalten. 1997 wurde ein Dachverband von neun Nachfolgeunternehmen des ehemaligen VEB Kunstblume Sebnitz sowie neu gegründeter Firmen gebildet. Heute existieren nur noch vier Betriebe, von denen aber nicht einer Kunstblumen herstellt, und das städtische Unternehmen „Deutsche Kunstblume Sebnitz“ in Form einer Schauwerkstatt. Soweit bekannt, gibt es in den neuen Bundesländern nur noch ein Unternehmen, das hochwertige Kunstblumen, vor allem für Mode herstellt, die Kunstblumenmanufaktur Heide Steyer in Wallroda bei Radeberg. Ihren Ursprung hat diese Firma in der früheren Sebnitzer Blumenfabrik Kurt Morgenstern, die später ihren Sitz in Westberlin hatte. Zuweilen wird gesagt, dieser oder jener Sache brauche man keine Träne nachweinen. Dem VEB Kunstblume Sebnitz weinen aber nicht nur die ehemaligen Mitarbeiter nach. (Schluss)

Bereits erschienene Teile: 21,23.,27.,29. April sowie 4. Mai.

Quellen: Broschüre „Blumen für die ganze Welt“, Broschüre „750 Jahre Sebnitz“; Manfred Schober: „Zur Lebensweise der in der Sebnitzer Kunstblumenindustrie beschäftigten Arbeiter von 1945 bis zur Gegenwart“; Erich Boese: „Die Entwicklung des VEB Kunstblume Sebnitz ab 1. Juli 1949 bis 31. Dezember 1985, Auskünfte von Jürgen Donath, den Vorsitzenden des Verbandes des Kunstblumenhandwerks Sebnitz .