Von Domokos Szabó
Es begann mit Bauchschmerzen und Übelkeit: Mehrere Patienten der Bavaria-Klinik in Kreischa klagten Ende Oktober über Unwohlsein. Was danach kam, sollte wochenlang die Öffentlichkeit beschäftigen.
An der Reha-Einrichtung brach eine Epidemie aus, nach und nach erkrankten 140Patienten und 20Mitarbeiter an einer schweren Magen-Darm-Grippe. Betroffen war ausgerechnet jene Klinik II, an der auch schwer kranke und damit erheblich geschwächte Patienten betreut werden. Zudem infizierten sich Patienten und Mitarbeiter der Kinderklinik Zscheckwitz mit dem hochansteckenden Virus.
Wochenlang musste sich die Leitung der Häuser gegen Kritik wehren. Man habe es mit der Hygiene nicht so ernst genommen, und als der Fall der Fälle eintrat, die Öffentlichkeit zu spät informiert, hieß es. Zumindest ist der zweite Vorwurf belegt. Das Gesundheitsamt des Weißeritzkreis wurde erst drei Tage nach Vorliegen des ersten Labornachweises benachrichtigt – deshalb wurde die Klinik später zur Zahlung eines Bußgeldes verdonnert.
Fakt ist aber auch: Die Patienten und Mitarbeiter der Bavaria-Klinik waren 2007 bei weitem nicht die einzigen, die eine Brech-Durchfall-Erkrankung durchleiden mussten. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin wurden im vergangenen Jahr im Weißeritzkreis 979Noro-Virus-Infektionen registriert, so viel wie in keinem anderen Jahr seit 2001. Bis 2006 schwankte die Zahl der gemeldeten Fälle zwischen 97 (2001) und 474 (2006). Im vergangenen Jahr gab es also fast doppelt so viele Erkrankungen wie 2006. „Diese Entwicklung ist gesamtdeutsch“, sagt die stellvertretende Amtsärztin des Weißeritzkreises, Ute Paul. Ihre Kollegen zum Beispiel aus Dresden würden dieselben Beobachtungen machen.
Bei der Ursachenforschung tappen die Mediziner allerdings im Dunkeln. Aus Erfahrung wisse man lediglich, dass Weihnachtszeit Noro-Zeit ist. Ab November gebe es Jahr für Jahr eine Häufung von Fällen. Unerforscht sei wiederum, ob die Veränderung des Klimas einen Einfluss auf die Verbreitung der Erreger haben könnte. „Fünf Jahre sind eine sehr kurze Zeit, was wissenschaftliche Untersuchungen angeht“, betont die stellvertretende Amtsärztin. Als Unsinn weist sie die Theorie zurück, die Viren kämen aus dem Trinkwasser. Dieses werde so stark gereinigt, dass es als Übertragungsweg ausscheide. Zumindest für einen Teil der Entwicklung könnte unterdessen das im Allgemeinen konsequentere Meldeverhalten verantwortlich sein. Es gebe aber letztlich zu viele Unbekannte, um dem Phänomen bereits jetzt auf den Grund zu gehen. Folgerichtig möchte sich Ute Paul nicht an Spekulationen beteiligen.
Eine Impfung gibt es nicht
Eine Impfung gegen Noro-Viren gibt es übrigens nicht. Dennoch kann jeder etwas gegen die Verbreitung der Erreger tun. „Theoretisch würden schon warmes Wasser und Seife reichen“, verweist die Amtsärztin auf die persönliche Hygiene. Zudem brauchen besonders gefährdete Einrichtungen wie zum Beispiel Heime und Kliniken ein abgestimmtes Hygiene-Regime. So etwas trat über den Jahreswechsel auch in der Altenberger Reha-Klinik Raupennest in Kraft, wo 30Menschen infiziert wurden.
Wie im Herbst in Kreischa isolierte man alle Patienten, bei denen ein Verdacht auf die ansteckende Krankheit bestand. Und offenbar lernte man aus den Kreischaern Fehlern: Sowohl das Gesundheitsamt als auch die Patienten wurden umgehend über die Situation informiert. Mittlerweile scheint die Epidemie wieder im Abklingen zu sein.