Von Tino Meyer und Alexander Hiller
Man kennt sich gut, man schätzt sich auch – und braucht sich immer mehr. Wobei die Frage ist, wer denn hier in Handball-Sachsen auf wen angewiesen ist: die Zweitliga-Neulinge des HC Elbflorenz aus Dresden auf den Freistaat-Krösus SC DHfK Leipzig und dessen Talente? Oder ist es vielmehr andersherum, benötigt der ambitionierte Erstligist nicht auch eine Anlaufstelle, um dem Nachwuchs ausreichend Spielpraxis zu gewähren?
Die Antwort ist in diesem Fall recht einfach – und doch kompliziert. Denn einen Austausch zwischen beiden Vereinen gibt es längst, dafür mussten die Dresdner nicht erst in die zweite Liga aufsteigen. „Einige unserer Spieler haben ja in Leipzig gespielt: Rico Göde, René Boese, Henrik Ruud Tovas oder Sebastian Greß“, sagt Elbflorenz-Präsident Uwe Saegeling, und er könnte auch Christian Pöhler nennen.
Dresdens Cheftrainer hat zwar nicht selbst gespielt in Leipzig, dort aber zur gleichen Zeit wie DHfK-Manager Karsten Günther Sport studiert und aufgrund einer schweren Knieverletzung frühzeitig eine Laufbahn als Trainer forciert. „Es gibt eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit beider Vereine“, betont Pöhler. Auch André Haber, Leipzigs Co-Trainer, kennt er bestens. Zudem ist es im Handball ohnehin üblich, vereinsübergreifend zu arbeiten. Man tauscht Gedanken aus und bei Bedarf gern auch Spieler. Die sogenannten Förder- und Zweitspielrechte machen’s möglich.
Genau an dieser Stelle wird es nun allerdings schwieriger. „Fakt ist, dass wir mit den Zweitligisten Aue und Dessau zwei Kooperationspartner haben. Wir müssen jetzt schauen, ob ein dritter sinnvoll ist“, sagt DHfK-Manager Günther. Er betont, dass die sportliche Entwicklung der jungen Spieler aus der vereinseigenen Nachwuchs-Akademie verbunden mit ihrer schulisch-beruflichen Ausbildung im Vordergrund steht. Intelligente Lösungen seien demnach nötig.
Das weiß auch Pöhler. Natürlich hat er sich längst Leipzigs A-Jugend, die nach zwei deutschen Meisterschaften gerade im Halbfinale an den Füchsen Berlin gescheitert ist, auf der Suche nach möglichen Kandidaten angesehen. „Natürlich könnten wir profitieren. Das Problem ist, wenn man genauer hinguckt, dass für uns eventuell interessante Nachwuchsspieler alle ihren Lebensmittelpunkt in Leipzig haben“, erklärt Pöhler und zeigt die Konsequenzen auf: „Wenn die Jungs beispielsweise ihr Abitur machen, bin ich ein ganz klarer Gegner der Pendelei. Das kenne ich selbst aus eigener Erfahrung. Für einen Jugendlichen wäre das schwierig. Aue und Dessau wären da naheliegender.“
Dennoch wünscht sich Pöhler, dass die Zusammenarbeit künftig intensiviert wird und über den bestehenden Austausch der Nachwuchskoordinatoren hinausgeht. „Da könnte sich sicherlich die eine oder andere Synergie ergeben“, sagt Pöhler und meint den Männerbereich. Drei Zweitspielrechte darf ein Verein ausgeben, und auch in diesem Fall gibt es erste Erfahrungen. Der Großenhainer Sebastian Greß, einst A-Jugend-Kapitän beim SC DHfK, spielte zunächst sozusagen auf Leihbasis in Dresden, ehe er im vergangenen Sommer komplett zum HC Elbflorenz wechselte und sich hier endgültig zum Leistungsträger entwickelte.
Weitere könnten folgen. Denn obwohl man in Leipzig weiter großen Wert auf junge deutsche, im Idealfall selbst ausgebildete Spieler legt, wird es angesichts der mittelfristigen Vision Europapokal nicht ohne international erfahrene Akteure gehen. Und mehr als 14, 15, maximal 18 Plätze hat ein Handball-Kader nun mal nicht – doch spielen wollen alle.
Für den Präsidenten ist die Sache daher klar. „So ein Erstligist wie Leipzig braucht in der Region Partner auf unterschiedlichem Niveau. Aue ist das zweite Leistungszentrum in Sachsen, wir wollen das dritte werden. Wir reden da miteinander, keine Frage“, sagt Saegeling, was DHfK-Manager Günther bestätigt. Auch ihm ist an einem starken Verein im Osten Sachsens gelegen. Insofern könnte Trainer Pöhler recht behalten: „Ich hoffe, dass das mal in eine klare Kooperationsvereinbarung mündet.“