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Das Pferd liegt wieder im Trend

Die Graditzer Pferdezüchter klopfen sich auf die Schulter: Es läuft wieder. 60 bis 70 Fohlen werden jedes Jahr in dem Hauptgestüt bei Torgau geboren. Dabei kommt das Unternehmen nahezu ohne freistaatliche Zuschüsse aus.

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Von Ulf Mallek

Die Graditzer Pferdezüchter klopfen sich auf die Schulter: Es läuft wieder. 60 bis 70 Fohlen werden jedes Jahr in dem Hauptgestüt bei Torgau geboren. Dabei kommt das Unternehmen nahezu ohne freistaatliche Zuschüsse aus. Obwohl, sagt Gestütsleiter Steffen Bothendorf, die Pferdezucht eine Kulturaufgabe ist. Und Kultur gibt es nicht für umsonst.

Graditz gehört gemeinsam mit dem Landgestüt Moritzburg, in dem Hengste gezüchtet werden, zur Landesanstalt für Landwirtschaft in Dresden-Pillnitz. 25 Mutterstuten sind warmblütige Reitpferde, weitere 25 englische Vollblüter. Sie gehören zwar offiziell dem bayerischen Privatzüchter Marcus Buchner, unterstehen aber der Gestütsleitung. Insgesamt leben gut 200 edle Pferde auf den saftigen Graditzer Weiden.

Teil der Herde vor

Besatzern gerettet

Das ist schon seit über 300 Jahren so. Ab 1686 belieferte die Graditzer Stutterey die kurfürstlichen Marställe mit Reit- und Kutschpferden. Als nach den napoleonischen Kriegen das Gebiet um Torgau an Preußen fiel, schlug die große Stunde der Graditzer. Oberlandstallmeister Georg Graf von Lehndorff ließ das englische Vollblut von Trakehn in Ostpreußen und Neustadt a. d. Dosse nach Sachsen exportieren. Sein Motto: Blut ist der Saft, der Wunder schafft.

Tatsächlich wurden die schnellen Vollblutrennpferde aus Graditz weltberühmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben russische Truppen die wertvollen Tiere beschlagnahmt. Ein Teil der Herde konnte heimlich in die englische Besatzungszone geschafft werden, kehrte 1949 zurück. Inzwischen knüpfen die Züchter an die Traditionen an. Mit der vierjährigen Stute Kazzia, einer Tochter des Graditzer Hengstes Zinnaad, brachten sie eines der besten Rennpferde der Welt hervor.

Barockschloss soll

Touristen locken

„Auf Kazzia sind wir sehr stolz“, sagt Gestütschef Bothendorf. Und auch darauf, dass der Schauspieler Rolf Hoppe ein Pferd in Graditz erworben hat. Die Züchter schaffen mit Pferdeverkäufen (5 000 bis über 30 000 Euro pro Tier), mit Deckgeld und Pensionspferden ein fast ausgeglichenes Ergebnis.

Der 1722 von Daniel Pöppelmann errichtete barocke Gestütskomplex mit dem Graditzer Schloss wird gegenwärtig für sechs Millionen Euro saniert. Im nächsten Jahr soll er übergeben werden. „Wir hoffen, damit noch mehr Touristen anzulocken“, sagt Torgaus Kulturamtschef Michael Reiniger.

Fast 20 000 Gäste kommen jedes Jahr allein nach Graditz. Später soll es auch Veranstaltungen im Schloss geben. Zwei Mal im Jahr ist Tag der offenen Tür. Das nächste Mal am 31. Mai, also kommenden Sonnabend. – Das Hauptgestüt ist auch ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Für die 26 Ausbildungsplätze zum Pferdewirt gibt es zwischen 300 und 500 Bewerbungen. Zumeist von Mädchen. Insgesamt arbeiten 37 Mitarbeiter im Gestüt.

Unter den 750 Vollblut-Gestüten Europas liegt Graditz auf Platz 20. „Wir hoffen“, sagt Bothendorf, „dass Pferde noch lange gebraucht werden.“ Der Trend stimmt: Seit der Wende hat sich die Zahl der Pferde in Sachsen auf über 20 000 verdoppelt.