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Das Radeburger Biathlon-Talent

Julia Naujokat geht in ihrer Heimatstadt als Favoritin bei der Deutschen Rollski-Meisterschaft an den Start. Doch sie will mehr.

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Von Sven Görner

Helm, Radlerhose und ein windschnittiges Shirt. Wer das schlanke, groß gewachsene Mädchen sieht, denkt wohl zuerst an eine Radfahrerin. Doch dann packt Julia Naujokat ein Paar Skiroller und lange Stöcke aus. Kurz darauf dreht die Radeburgerin auf den Straßen oberhalb der Druckerei Vetters im Radeburger Gewerbegebiet ihre Runden. Von den 70 Mitgliedern der Abteilung Ski/Rollski/Biathlon der Sportgemeinschaft Klotzsche e.V. wohnen rund die Hälfte in der Zille-Stadt und den Nachbarorten. Da verwundert es nicht, dass inzwischen fast das gesamte Lauftraining in Radeburg stattfindet. Dort, wo Julia gerade weiter gegen die Uhr kämpft. Klack, klack, klack – gleichmäßig wie ein Uhrwerk setzt das Mädchen ihre Stöcke ein. Wenn sie näher kommt, ist auch das Surren der vier kleinen Räder zu hören.

Julia Naujokat trainiert seit fünf Jahren Rollskilauf und Biathlon bei der SG Klotzsche e.V. Inzwischen ist die 13-jährige Radeburgerin das beste Nachwuchstalent des Vereins. Der veranstaltet am Sonntag ab 9Uhr im Gewerbegebiet den 2. Dresdner Heidebogen
Julia Naujokat trainiert seit fünf Jahren Rollskilauf und Biathlon bei der SG Klotzsche e.V. Inzwischen ist die 13-jährige Radeburgerin das beste Nachwuchstalent des Vereins. Der veranstaltet am Sonntag ab 9Uhr im Gewerbegebiet den 2. Dresdner Heidebogen © Arvid Müller

Angefangen hat die heute 13-Jährige vor fünf Jahren. In der Schule hing ein Plakat mit schönen Biathlon-Fotos. „Das will ich machen, Papa“, hatte Julia damals gesagt. Denn das Rollskilaufen ist nur die Alternative für die schneefreie Zeit. Die wichtigen Wettkämpfe finden im Winter statt – auf Skiern und mit Gewehr. Wobei die Schüler mit Luftdruckwaffen schießen, die zudem an den Stationen liegen. Erst ab dem Jugendbereich, der mit 16 Jahren beginnt, haben die Biathleten ihre Kleinkaliber-Gewehre auf dem Rücken mit in der Loipe. Julias Eltern waren damals gleich einverstanden. Dennoch gab es ein paar Tränen, wie sich Papa Ralf Leuschner erinnert. Schließlich musste das Mädchen auf ein anderes Hobby verzichten – den Karneval. Dort gehörte Julia zum Funkengarden-Nachwuchs. Für eine echte Radeburgerin mit obendrein noch faschingsverrückten Eltern ist das tatsächlich ein großes Opfer. Das sich bisher aber gelohnt hat.

„Julia ist unser bestes Nachwuchstalent“, sagt Abteilungsleiter und Trainer Lutz Kaiser. Darum gehört sie am Sonntag in ihrer Altersklasse auch zu den Favoriten beim 2. Dresdner Heidebogen Rollskilauf, der auf der Trainingsstrecke in Radeburg stattfindet.

Im vergangenen September gab es die erste Auflage. Die Wiederholung wurde nun gleich als Deutsche Meisterschaft geadelt. Eingeladen sind dazu alle Ski-Langläufer, Biathleten und Rollski-Sportler. Wer von den deutschen Ski-Spitzenathleten in die Zille-Stadt kommt, bleibt abzuwarten. Denn zum einen richten diese sogenannten A-Kader ihr Hauptaugenmerk auf die Wettkämpfe im Winter. Und zum anderen sind sie auch ohne Qualifizierungsrennen automatisch für die Rollski-Nationalmannschaft gesetzt.

Am Start ist indes auf jeden Fall Nicole Wötzel. Trotz einer noch nicht ganz ausgeheilten Verletzung, wie Lutz Kaiser sagt. Die Europameisterin und Junioren-Weltmeisterin ist das derzeitige Aushängeschild der Biathleten der SG Klotzsche. Und sicher auch ein Vorbild für Julia. Die hat gegenwärtig noch mit dem Handicap zu kämpfen, dass sie nur wenig auf Schnee trainieren kann. „Das ist eine enorme Benachteiligung“, sagt Trainer Lutz Kaiser.

Auch darum wird sich die dann 14-jährige Radeburgerin ab August einer neuen Herausforderung stellen. Sie wechselt auf das Sportgymnasium nach Oberhof. Kaiser: „Dort hat Julia ideale Trainingsbedingungen. Dazu gehört eine Skihalle mit Schießständen, die die Weltspitze nutzt, eine Rollerstrecke und natürlich auch die große Arena, in der die Weltcup-Wettbewerbe stattfinden.“ Und noch einen Vorteil hat der Wechsel. Schule und Training lassen sich dann noch effektiver unter einen Hut bringen. Schließlich schnallt sich das Nachwuchstalent in der Wettkampfphase von Januar bis März fast täglich die Ski oder die Roller unter die Füße.

Mit einigen Mädels aus Thüringen hat sich Julia bei Wettkämpfen und Trainingslagern schon angefreundet. Die Eltern wird sie künftig an den Wochenenden bei Wettkämpfen oder Zuhause sehen. „Drei Stunden Zugfahrt sind schon okay.“

Auf flacher Strecke erreichen Rollskisportler bis zu 35 km/h. Ein kleiner Stein, der ein Rad blockiert, hat da unangenehme Folgen. Für Julia waren es mehrere schmerzhafte Schürfwunden bei einer Trainingseinheit im Urlaub in Kroatien. Doch daran wird sie bestimmt nicht denken, wenn sie am Sonntag startet.