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Das sagen Stadträte zu den Muskator-Plänen

Mehrere Millionen Euro will ein Karlsruher Investor in die Brache stecken. Aber nicht jeder Politiker ist davon begeistert.

Von Stefan Lehmann
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Ein Investor will im Turm auf dem Muskator-Gelände Büros errichten, auf den Silos dahinter Wohnungen. Unter Riesas Politikern erntet er dafür viel Zuspruch – aber nicht nur.
Ein Investor will im Turm auf dem Muskator-Gelände Büros errichten, auf den Silos dahinter Wohnungen. Unter Riesas Politikern erntet er dafür viel Zuspruch – aber nicht nur. © Sebastian Schultz

Riesa. Wohnungen auf den Silos, Büros im Maschinenturm – und jede Menge Abrisse: Michael Andris will dem seit Jahren leer stehenden Muskator-Gelände wieder Leben einhauchen.

Unter den Stadträten fallen die Reaktionen auf das durchaus ambitionierte Vorhaben des Unternehmers aus Karlsruhe unterschiedlich aus. „Uns treibt das Thema schon länger um“, sagt etwa Helmut Jähnel (CDU) über das Muskator-Gelände. Nicht umsonst hätten sich nahezu alle Parteien im Wahlkampf Gedanken darüber gemacht, wie sich das Areal in Zukunft entwickeln ließe.

 „Mir persönlich würde es sehr gut gefallen, es handelt sich um ein attraktives Objekt“, sagt Jähnel. Sein Parteikollege Kurt Hähnichen geht noch etwas weiter. Es sei ein „Lichtblick für Riesa“, wenn sich am Muskator etwas tue – und damit auch wieder am Elbufer direkt davor. Vielleicht bestehe künftig ja auch wieder die Möglichkeit, dort die Weiße Flotte anlegen zu lassen? Gut für den Tourismus wäre es zumindest, sagt Hähnichen.

SPD-Fraktionschef Andreas Näther erklärt, von dem Projekt habe er schon einmal grob Kenntnis gehabt. „Grundsätzlich erst mal Hut ab für jemanden, der es wagt und das Gelände gestalten will.“ Das konkrete Vorhaben, die Mischung aus Büroräumen und Wohnungen, ergebe aus seiner Sicht schon Sinn. „Die Frage ist für mich eher: Ist dieser große Bedarf da?“ Vielleicht sei das Projekt auch in Teilen etwas träumerisch. „Aber ohne Träume und Visionen können wir die Stadt auch nicht weiterentwickeln.“

Etwas kritischer sieht der Vorsitzende der AfD-Fraktion die Sache, die ab August auch offiziell im Stadtrat sitzt. Joachim Wittenbecher hatte das Gelände im SZ-Gespräch schon einmal als „Schandfleck“ beurteilt. Er kenne bisher nur, was in der Zeitung stand, sagt er. „Es ist ein kühner Plan, so etwas mit 75 anzugehen. Die Idee scheint auch gut durchdacht.“ 

Trotzdem meldet Wittenbecher Zweifel an: Er fürchtet, dass für die Wohnungen auf dem Silo jeweils „Mieten jenseits von Gut und Böse“ aufgerufen werden könnten. Außerdem füge sich das Gelände einfach nicht ins Stadtbild, sagt Wittenbecher. „Es ist alles dunkel, kahl und kalt.“ Wenn schon jemand so viel investieren wolle, dann könne er doch gleich die Silos abreißen und nur das Gebäude dahinter ausbauen.

Gunnar Hoffmann (parteilos), der ab August für die FDP im Stadtrat sitzt, hatte vor der Kommunalwahl ebenfalls eine Reihe von Visionen für das Muskator-Gelände vorgestellt. Er bestätigt, dass er schon Anfang vergangener Woche mit Michael Andris gesprochen habe. Grundsätzlich befürwortet Hoffmann, dass sich dort etwas tut. „Hochachtung vor dem Mut.“ 

Skeptisch ist er darüber, dass nach derzeitigem Planungsstand Parkplätze in Richtung Elbe gebaut werden sollen – auf dem Gelände, das die Stadt auch für den Lückenschluss des Elberadweges kaufen möchte. Er persönlich würde sich da schon etwas Schöneres wünschen, lässt Hoffmann durchblicken. Aber letztlich sei das auch Privatsache des Investors. „Das Allerwichtigste ist ja, was die Stadt vorhat.“ Nach wie vor plädiert Gunnar Hoffmann dafür, nicht einfach alle alten Bauten am Elbufer abzureißen, sondern sie stattdessen alternativ zu nutzen – etwa für Gastronomie.

Angst vor mehr Leerstand

Andere Stadträte hätten sich mehr Informationen über Michael Andris’ Vorhaben gewünscht. Sowohl Stefan Schwager (Freie Wähler/BBW) als auch Sonja György erklären, eine abschließende Meinung dazu sei ohne weitere Details schwer möglich. Andris hätte durchaus auch einmal den Kontakt zu den Stadträten suchen und sein Anliegen im Bauausschuss präsentieren können, sagt György. Sie fürchtet, dass Büros im ehemaligen Maschinenturm eher kontraproduktiv wären. 

„Wir haben doch jetzt schon an der Hauptstraße Leerstand hoch Drei.“ Jetzt noch weitere Gewerbeflächen zu schaffen, hält sie persönlich für falsch. György kritisiert auch eine Drohung des Investors, das Gelände einfach aufzukaufen und dann nichts zu tun. Michael Andris hatte im SZ-Gespräch auf Probleme mit dem Bauamt hingewiesen und diese Option offen erwogen. „Das Bauamt hat doch die Pflicht, Bedenken aufzuzeigen“, sagt Sonja György. 

Stefan Schwager hingegen rät dazu, jetzt in dem Streit aktiv nach Lösungen zu suchen. Man müsse doch über jeden Investor froh sein. Die übrigen befragten Politiker sehen das ähnlich. CDU-Fraktionschef Helmut Jähnel betont, kein Stadtrat werde dem Investor Steine in den Weg legen. Die Verwaltung sollte seiner Ansicht nach das Vorhaben „förderlich begleiten“. 

Andreas Näther sieht es ähnlich und hofft auf weitere Gespräche zwischen Stadt und Investor. „Ich würde es sehr schade finden, wenn das durch Verärgerung oder Kommunikationsschwierigkeiten im Vorfeld scheitern würde.“ Nur weil eine Seite noch Fragen habe, sei das ja noch kein Nein. Beide Seiten sollten in der Sache geduldig bleiben.