Riesaer Stromausfall mit Folgen

Riesa. Mit dem Strom ist die Normalität längst zurückgekehrt. Doch auch zwei Tage nach dem Blackout in Riesa laufen die Reparaturarbeiten am betroffenen Umspannwerk, wo es am Montagabend erst einen Lichtbogen, dann starke Rußentwicklung und schließlich einen Stromausfall für ganz Riesa gab. "Die Reparaturarbeiten gehen auch in der nächsten Woche noch weiter", sagt Katja Sieber von den Riesaer Stadtwerken.
Das Unternehmen geht bei den eigenen Anlagen von einem Schaden in mittlerer fünfstelliger Höhe aus. Die Schäden an den Anlagen Dritter seien noch nicht genau bekannt. Auch zur genauen Ursache werde weiter ermittelt. Für eine Einwirkung von außen spreche aber nichts, hatten die Stadtwerke bereits am Dienstag mitgeteilt.
In den sozialen Netzwerken wird mittlerweile spekuliert, warum durch einen Defekt in einem Umspannwerk die ganze Stadt lahmgelegt werden könne. Laut dem regionalen Stromversorger Enso - die Anlage am Riesaer Stadtrand gehört der Enso Netz - sei Riesa in typischer, bewährter Weise an das überregionale Stromnetz angebunden.
Der Defekt im Umspannwerk habe auch nur den Anschluss der Stadtwerke betroffen, nicht den weiterer Kunden im Umland. Und auch die Stadtwerke selbst hatten erklärt, redundant ans Netz angebunden zu sein - eine komplette Umschaltung von jetzt auf gleich sei allerdings nicht möglich.
Tatsächlich dauerte es am Montag rund vier Stunden, bis der letzte Nutzer wieder am Netz war. 19.20 Uhr war der Schaden eingetreten. Eine Facebook-Nutzerin schrieb, erst eine halbe Stunde vor Mitternacht wieder Strom gehabt zu haben.
Reifenwerk und Tankstellen betroffen
Während in privaten Haushalten nicht nur Fernseher und Lampen ausblieben, sondern auch Aquarien manuell belüftet werden mussten, ist die Riesaer Wirtschaft deutlich stärker vom überraschenden Blackout getroffen worden. Die Teigwaren hatten bereits angegeben, 50 Tonnen Produktion verloren und Schäden an den Maschinen erlitten zu haben.
Auch im Reifenwerk von Goodyear-Dunlop an der Greifzustraße habe es "erhebliche Beeinträchtigungen der Produktionsleistung" gegeben, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Man habe die notwendigen Schritte unternommen und rechne derzeit nicht mit größeren Auswirkungen auf die Kunden.
Beim Elektronik-Spezialisten Neways war bis Mittwoch keine offizielle Antwort zu bekommen, allerdings wurde laut SZ-Informationen am Montag die Nachtschicht wieder nach Hause geschickt.
Das Ölwerk ließ eine Anfrage der SZ bis zum Mittwoch unbeantwortet. Immerhin: Feralpi hatte durchgehend Strom. Das Stahlwerk, als mit Abstand größter Stromverbraucher der Stadt, hat ein eigenes Umspannwerk auf dem Gelände und ist mit einer separaten Freileitung an das überregionale Stromnetz angebunden.
Kleinere Kunden dagegen hatten das Nachsehen - etwa Tankstellen, deren Mitarbeiter ohne funktionierende elektrische Türen und Kassensysteme zwar keine Ware mehr verkaufen, aber trotzdem nicht alle früher in den Feierabend gehen konnten: weil die Alarmanlagen erst wieder scharf geschaltet werden mussten.
Fernsehen erst am Morgen wieder da
Aufgeklärt hat sich dafür, warum manche Kunden auch noch teils Stunden auf Internet und Kabelfernsehen warten mussten, nachdem der Strom nachts schon wieder da war. So habe es bei der Firma Telekabel Riesa durch den Stromausfall zwei Störungen gegeben, sagt Sprecherin Susan Eisenreich.
"Im Bereich Internet und Telefon sind nach dem Stromausfall die Modems für drei Internetcluster nicht automatisch wieder online gegangen." Das habe die Bereiche Clara-Zetkin-Ring, Alleestraße und Kalkberg betroffen. "Die Karten für die Modems wurden daraufhin manuell neu gestartet." Danach hätten die betroffenen Kunden wieder Internet und Telefon gehabt.
Beim Bereich Fernsehen sei die Situation etwas komplizierter gewesen: Dort seien in der sogenannten Kopfstelle vier Netzteile für Kanalaufbereitungsmodule durch den Stromausfall ausgefallen. Die habe man ebenso am frühen Morgen austauschen können. So sei die Fernsehversorgung Dienstagvormittag um 10 Uhr wieder sichergestellt gewesen.
Kein Anspruch bei Schäden unter 30 Euro
Auffällig beim Blackout: Während es am Montagabend in Riesa mancherorts kaum möglich war, per Mobiltelefon das Datennetz zu nutzen, ging es in anderen Stadtteilen - obwohl die Fenster und Straßenlaternen noch dunkel waren. "Viele Handymasten und Vermittlungsstellen verfügen über eine unabhängige Stromversorgung", sagt Telekom-Sprecher Georg von Wagner auf SZ-Anfrage.
Die Rechner dort würden über Akkus verfügen oder teilweise auch über Dieselaggregate. Bei einem ähnlichen Stromausfall in München hatte sich gezeigt, dass Kunden mancher Mobilfunkanbieter noch telefonieren konnten, andere zeitweise gar nicht.
Bei wieder anderen war die Bandbreite gedrosselt, da die Notstrom-Technik nicht so leistungsfähig läuft wie bei normalem Netzbetrieb. Entscheidend ist dann, wie lange der Stromausfall anhält.
Eine Frage drängt sich nun auf: Wie ist das eigentlich mit den Schäden, die bei Stromkunden entstehen? "Grundsätzlich besteht eine Versicherung, diese reguliert aber nur bei schuldhaftem Handeln", sagt Katja Sieber von den Stadtwerken.
Laut Paragraf 18 der Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) haftet der Netzbetreiber für Schäden, die durch einen vorsätzlich oder fahrlässig verursachten Stromausfall verursacht werden. Sind die Schäden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verursacht worden, ist die Haftung auf maximal 5.000 Euro pro Anschlussnutzer begrenzt, bei Schäden unter 30 Euro besteht in diesen Fällen gar kein Anspruch.