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Das Stadtmuseum im Banktresor

Tharandts Stadtarchiv ist sicher. Es lagert im Tresor der ehemaligen Sparkasse in den Katakomben des Rathauses, hinter einer dicken Stahltür. „Leider kein Franz Jäger“, sagt Falk Schlegel, Hobby-Historiker und Archivar ehrenhalber.

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Von Jörg Stock

Tharandts Stadtarchiv ist sicher. Es lagert im Tresor der ehemaligen Sparkasse in den Katakomben des Rathauses, hinter einer dicken Stahltür. „Leider kein Franz Jäger“, sagt Falk Schlegel, Hobby-Historiker und Archivar ehrenhalber. Gegen ungebetene Besucher könnte er gar zur Waffe greifen, ulkt Schlegel, nimmt ein gewaltiges Schwert zur Hand und schneidet damit grienend Löcher in die Luft.

Doch wer hier herkommt, hat friedliche Absichten. Neben den Mitgliedern des örtlichen Burgen- und Geschichtsvereins interessieren sich hin und wieder Außenstehende für die Gegenstände und Dokumente. Etwa fünf Anfragen gibt es pro Jahr, schätzt Schlegel. „Wenn jemand was recherchieren will, versuchen wir zu helfen.“

Die „Acten des Stadtraths zu Tharandt“ gehen zurück bis etwa 1720. Man weiß, wo was liegt, sagt Falk Schlegel. Doch der Inhalt ist längst nicht ganz erkundet. „Da kann man sicher noch einige Überraschungen finden“, meint er. Aus dem Verzeichnis geht hervor, dass die Ahnen des modernen Stadtrats ebenfalls mit stinknormaler Verwaltungsarbeit befasst waren. Doch kümmerte man sich auch um die „Bekämpfung von Schund- und Schmutzschriften“, versuchte, die Tharandter Bürgerschaft vor Preistreiberei und Wucher zu bewahren oder vor Geschlechtskrankheiten.

Die Unterwelt des Rathauses ist aber nicht nur Aktenlager sondern vor allem Depot-Ort. Hier befindet sich die Einrichtung der einstigen Tharandter Heimatstube. Das kleine Museum am Markt musste weichen, als nach der Wende die Eigentumsfrage für das Gebäude geklärt wurde. Seither ist die Sammlung nicht mehr öffentlich zugänglich und sucht ein neues Zuhause.

Dieses Zuhause, sagt Falk Schlegel, sollte hier im Rathauskeller sein. „Die Räume haben Flair und sind trocken.“ Eine neue „Heimatstube“ schwebt Schlegel aber nicht vor. Die jüngere Stadtgeschichte will er zwar schlaglichtartig einbauen. Zentrale Themen sollen aber die Burg und die Besiedelung der Gegend im Mittelalter sein. Man müsste etwas über den Tellerrand hinausblicken, sagt er.

Landesamt zeigt sich angetan

An Exponaten für eine solche Ausstellung mangelt es – auch abgesehen vom erwähnten Riesenschwert – nicht. Seit 1976 waren bei Ausgrabungsarbeiten auf der Burgruine zahlreiche Relikte entdeckt worden: Bauteile aus Sandstein, Gefäßscherben, Kacheln, Fliesen, Armbrustmunition. Auch eine enorme Menge Tierknochen wurde gefunden. Falk Schlegel schwärmt. „Wenn man da einen Fachmann ransetzen könnte, hätten wir den Speiseplan der Burg.“

Derzeit lagern die meisten Artefakte beim Landesamt für Archäologie in Dresden. Vertreter der Behörde seien bereits in Tharandt gewesen, berichtet Schlegel. Sie hätten sich von den Räumlichkeiten erbaut gezeigt und die Rückführung etlicher Stücke in Aussicht gestellt. Doch allein könne der Geschichtsverein das Projekt nicht stemmen. „Die Stadt ist hier unser großer Partner.“

Im Rathaus sind die Ideen bekannt. Doch hat der Stadtrat zunächst andere Prioritäten gesetzt. Sparen ist angesagt. Tharandt braucht sein Geld für Kitas, Schulen und die neue Sporthalle. Das Museum bleibt aber auf der Agenda, heißt es. Wichtig sei ein klares Betreiberkonzept. Dann bestünden auch Chancen auf Fördergeld.