Ulf Mallek
Offiziell liegt der Ausländeranteil im Meißner Partnerlandkreis Rems-Murr bei elf Prozent. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Das macht den Umgang mit Fremden leichter. Das erfuhren Landrat Arndt Steinbach (CDU) und eine Delegation des Landkreises Meißen vorige Woche in Winnenden (Baden-Württemberg). Im Landkreis Meißen liegt der Ausländeranteil bei unter drei Prozent. In einer Diskussionsrunde haben beide Seiten ihre Erfahrungen ausgetauscht.

Herr Steinbach, Sie haben den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann eingeladen, sich selbst ein Bild von der Flüchtlings-Situation im Kreis Meißen zu machen. Warum?
Der dortige grüne Ministerpräsident hat vorgeschlagen, die Flüchtlinge nicht mehr gleichmäßig auf die Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel zu verteilen, sondern zuerst in angeblich leer stehende Wohnungen im Osten Deutschlands. Dagegen habe ich mich deutlich ausgesprochen. Das können wir nicht leisten. Er argumentiert nach dem Motto: Heiliger St. Florian, verschon mein Haus, zünd andere an. So geht es nicht. Ein reiches Land wie Baden-Württemberg macht es sich damit zu einfach.
Ich habe ihn eingeladen, nicht um sich ein Bild von der Situation vor Ort zu machen, sondern damit er unseren Menschen seinen Vorschlag erläutert und um die nötige Akzeptanz wirbt. Eine Reaktion steht aus.
.Sie haben am Wochenende die neue Zeltstadt für Asylbewerber in Dresden besucht. Was war Ihr Eindruck?
Es ist das einfachste Niveau, das man zur Unterbringung der Menschen anbieten kann. Das Rote Kreuz hatte, so war mein Eindruck, die Dinge gut im Griff. Das verdient ein großes Lob. In der jetzigen Situation muss jederzeit mit derartigen Einrichtungen auch in den Landkreisen gerechnet werden. Deshalb war ich in Dresden, um zu wissen, was dann passiert.
Ist das denn eine Alternative für den Landkreis Meißen?
Nein. Dieses spontane Hin und Her ist nichts für unseren Kreis. Es ist offensichtlich, dass die Kapazitäten der Erstaufnahme des Freistaates nicht ausreichen. Das ist seit Monaten bekannt. Eine Sondersituation durch eine Windpocken-Infektion in der Chemnitzer Einrichtung hat das System ins Wanken gebracht. Das kann dem Freistaat jederzeit wieder passieren.
Jetzt wollen Sie eine Fachstelle für Rechtsextremismus im Landratsamt einrichten. Was soll der Referent tun?
Eine solche Stelle ist uns im Partnerkreis vorgestellt worden. In Sachsen haben wir das Operative Abwehrzentrum. Über weitere Initiativen im Kreis Meißen ist aber noch nicht entschieden. Ich verwahre mich nach wie vor gegen die Aussage, dass die Einwohner im Landkreis Meißen Extremisten seien. Das stimmt nicht mit der Lebenswirklichkeit überein.
Sie haben mit einer Delegation im Partnerlandkreis Rems-Murr neue Erfahrungen gemacht. Was machen die Partner bei der Asylunterbringung anders oder besser?
Durch die dortige Wohnraumknappheit setzt man auf größere Gemeinschaftseinrichtungen. Bei uns sind zwei Drittel der Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht. Die soziale Betreuung erfolgt im Rems-Murr-Kreis durch das Landratsamt, bei uns über die Diakonie. Beides geht, wir sind mit unserer Lösung aber sehr zufrieden.
Die Akzeptanz von Asylbewerbern durch die Einheimischen scheint im Rems-Murr-Kreis höher zu sein. Täuscht dieser Eindruck?
Das kann ich nicht beurteilen.
Wie viele Asylbewerber wird der Kreis Meißen dieses Jahr voraussichtlich noch unterbringen müssen? (
Im vergangenen Jahr waren im Landkreis Meißen 911 Asylbewerber untergebracht, darunter 544 Neuzuweisungen. Seit Januar haben wir 546 Neuzuweisungen. Nach offiziellen Prognosen müssen wir bis Ende des Jahres weitere 689 Asylbewerber unterbringen.
Ich gehe allerdings von 800 bis 1 000 angesichts der stetig steigenden Zahlen aus. Auch das werden wir schaffen.