Von Maik Brückner
Als Stephen Ferrada das Haus Hermannshöhe in Oberbärenburg sah, war es wie Liebe auf den ersten Blick. „Es ist ein Superhaus mit einer Superzufahrt“, schwärmt der Engländer noch heute vom Besichtigungstermin. „Am Tag danach habe ich es bei einer Auktion ersteigert.“ Das war der 12. September 2001.
Seit drei Wochen nun trübt die Zufahrt zu seinem Haus die Freude am Hausbesitz. Wenige Tage nach dem er dort ein Tor aufgebaut hat, erhielt er Post vom Verwalter des Nachbargrundstücks. In dem Schreiben wurde er aufgefordert, die Pforte wieder abzubauen. Was Ferrada nicht wusste: Bereits 1993 hat die damals selbstständige Gemeinde Oberbärenburg den Weg über sein heutiges Grundstück öffentlich gewidmet. Das heißt, dieser muss jedem zugänglich bleiben.
Der heutige Ortsvorsteher Oberbärenburgs, Lothar Johne (parteilos), kann sich noch gut an die Gründe dafür erinnern. Zu DDR-Zeiten wurde die Hermannshöhe und das benachbarte Luginsland von Urlaubern genutzt. Um Eigentumsrechte scherte man sich nicht in dieser Zeit. Zur Hermannshöhe führte nur ein einfacher Weg, welchen die Gemeinde in den 80er Jahren asphaltieren ließ. Genutzt wurde diese Straße nicht nur von den Anliegern, sondern auch von Wanderern, die von Oberbärenburg an der Hermannshöhe vorbei nach Kipsdorf wanderten. Mit der Wende 1989/90 begann die Rückübertragung der Grundstücke. Um den Anliegern ihr Zufahrtsrecht zu sichern, erklärte die Gemeinde die Zufahrt zum öffentlichen Weg.
Stephen Ferrada erfuhr erst aus dem Schreiben Anfang des Jahres davon. Ihn ärgert, dass ihn das Altenberger Bauamt bei einem Gespräch 2001 nicht auf die Widmung hinwies. „Ich habe bestimmt danach gefragt“, sagt Ferrada, was jedoch nicht mehr nachweisbar ist.
Altenbergs Bürgermeister Thomas Kirsten (parteilos) nimmt seine Mitarbeiterin in Schutz: „Herr Ferrada hätte sich vor dem Kauf im Grundbuchamt sachkundig machen müssen.“ Ob der Engländer die Bauamtsmitarbeiterin gefragt hat, kann Kirsten nicht sagen. Doch Stephen Ferrada bleibt dabei. Erst kürzlich hakte er bei der Mitarbeiterin nach, die, wie er sagt, ihm gegenüber beteuerte, es damals nicht gewusst zu haben. Das ärgert ihn heute noch: „Hätte ich davon gewusst, hätte ich das Haus nicht gekauft“.
Bereits jetzt stören ihn die vielen Wanderer, die sein Grundstück bedenkenlos betreten. Einige von ihnen waren früher Urlauber des Gewerkschaftsferiendienstes und wollten sich jetzt anschauen, was aus dem Objekt geworden ist. Andere wiederum verrichten auf dem Grundstück ihre Notdurft oder führen dort ihre Hunde aus.
Eine Lösung des Nachbarschaftskonfliktes kann es nur im Einvernehmen aller Parteien geben, glaubt Ortsvorsteher Lothar Johne. Mit der Familie Franke, die das Nachbarhaus bewohnt, hat sich Ferrada schon geeinigt. Er hat der Familie eine 166 Quadratmeter große Fläche geschenkt, auf der sie eine separate Zufahrt gebaut haben. Auch in der Frage des Wanderweges konnte er sich mit dem früher für Oberbärenburg zuständigen Rathausmitarbeiter Gerold Grießbach einigen. Der Weg wurde in den angrenzenden Wald verlegt.
Etwas komplizierter scheint die Einigung mit den Verwaltern des Grundstücks Luginsland. Diese Fläche ist mit zwei, seit 15 Jahren leer stehenden Häusern bebaut, wobei die Zufahrt zur Garage des kleinen Gebäudes nur über den öffentlich gewidmeten Weg möglich ist. Ferrada möchte, dass ein neuer Weg zur Garage über die Fläche des Luginsland gebaut wird. „Ich habe mit einem Bauingenieur gesprochen. Das geht locker“, sagt Ferrada.
Rechtsanwalt Jörg Michael Cramer von Clausbruch, der die Interessen der Eigentümer des Luginslands vertritt, widerspricht jedoch dieser Darstellung. Die Zuwegung sei wegen der Gefällesituation auf diesem Flurstück nicht möglich. Im Übrigen sei der Weg bereits von den früheren Bewohnern des Luginslands, „also seit mindestens 70 Jahren“, als Zufahrt zur Garage genutzt worden. Von Clausbruch kann die Aufregung von Ferrada nicht nachvollziehen. „Im Grunde gibt es gar kein Konfliktpotential, da die öffentliche Widmung des Weges durchaus aufgehoben werden kann, wenn unsere Mandanten ihre Zufahrt zum Garagengebäude behalten können“, sagt Clausbruch. Dies müsste durch Eintragung des Wegerechts im Grundbuch geregelt werden. Ferrada könnte sein Tor stehen lassen und müsste lediglich dem Eigentümer des Luginslands einen Schlüssel dafür geben.
Ferrada bezweifelt aber grundsätzlich die Rechtmäßigkeit der Widmung und lehnt deshalb diesen Vorschlag ab. Höchstens für eine Übergangszeit würde er einen Schlüssel abgeben. Er beharrt auf seinen Standpunkt: „Die gesamte Straße gehört mir“. Nachdem er im Altenberger Rathaus keinen Erfolg hatte, seine Ansprüche geltend zu machen, will er nun beim Landratsamt für seine Sache kämpfen.