SZ +
Merken

Das Vermächtnis von Schloss Baruth

Der zweite Band der Familiengeschichte der Lippe-Weißenfelds ist erschienen. Er enthält viele neue Fakten.

Teilen
Folgen
© privat

Von Kerstin Fiedler

Baruth. Es war nicht ihre erste Reise nach Baruth. Doch die erste ohne ihre Mutter und Großmutter Margarete Hamer – Prinzessin zur Lippe-Weißenfeld. Sie starb 2010. Aber ihr Vermächtnis, den zweiten Band der Familiengeschichte derer zur Lippe-Weißenfeld, hat ihr Ehemann Heyo E. Hamer erfüllt. Er stellte diesen Band mit Familie, Freunden und vielen Helfern fertig. In Baruth wurde er jetzt vorgestellt.

Margarete Hamer Prinzessin zur Lippe-Weißenfeld (1932-2010) hat die Familiengeschichte erforscht.
Margarete Hamer Prinzessin zur Lippe-Weißenfeld (1932-2010) hat die Familiengeschichte erforscht. © privat
Nachfahren von Prinzessin Margarete: Ihr Mann Heyo E. Hamer, die Tochter Eva Freifrau von Bechtolsheim, deren Kinder Friedrich, Anton, Pauline (v.r.), sowie Sohn Hagen Lippe-Weißenfeld mit dem Modell des ehemaligen Schlosses.
Nachfahren von Prinzessin Margarete: Ihr Mann Heyo E. Hamer, die Tochter Eva Freifrau von Bechtolsheim, deren Kinder Friedrich, Anton, Pauline (v.r.), sowie Sohn Hagen Lippe-Weißenfeld mit dem Modell des ehemaligen Schlosses. © Uwe Soeder

Hamer hat als Bürgerlicher in die Familie Lippe-Weißenfeld eingeheiratet. Mit mittlerweile 85 Jahren hatte er in den vergangenen sieben Jahren eine Aufgabe. „Unsere Mutter hat ihn darum gebeten, das Buch fertigzustellen“, sagt Dr. Hagen Lippe-Weißenfeld. Der mit 42 Jahren jüngste Sohn kam dieses Mal gemeinsam mit seiner Schwester, Eva Freifrau von Bechtolsheim und deren drei Kinder Friedrich, Anton und Pauline nach Baruth. „Wir haben meinen Mann zu Hause gelassen, mein Bruder seine Frau und die vier Kinder“, schmunzelt sie. Der mittlere Sohn Björn, der in Cuxhaven lebt, hatte leider keine Zeit. Die Kinder, also Enkel, sind begeistert von der Geschichte in dem kleinen Dorf, in dem ihre Großmutter ihre Kindheit verbracht hat. „Ich liebe es, wenn Großpapa die Geschichten der Oma erzählt und ich mir die Bilder angucken kann“, sagt Friedrich. Er ist sich sicher, dass „die Oma diesen Tag sehr genießen würde“. Denn für Margarete Hamer Prinzessin zur Lippe-Weißenfeld war es eine Herzenssache, diese Familiengeschichte in zwei Teilen zu erforschen und aufzuschreiben.

1 443 Akten zu Baruth im Archiv

Es ist keine Erzähl-Geschichte, sondern die wissenschaftliche Aufarbeitung der Familiengeschichte. „Meine Frau wollte diese Dokumentation vor allem für unsere Kinder und Enkel“, sagt Heyo E. Hamer. Die Familie der geborenen Prinzessin zur Lippe-Weißenfeld (1932–2010) zählt zu den ältesten Adelshäusern in ganz Deutschland. Das Haus Lippe war bis 1918 eines der regierenden Fürstenhäuser Deutschlands. Der Zweig, dem Prinzessin Margarete angehörte, hatte eine wechselvolle Geschichte im Lipper Land und seit dem Beginn des 19.  Jahrhunderts auch in Sachsen. Margarete Hamer Prinzessin zur Lippe-Weißenfeld verbrachte als Tochter des im Krieg gefallenen Prinzen Ferdinand zur Lippe-Weißenfeld (1903–39) und seiner Gemahlin Dorothea Prinzessin von Schönburg-Waldenburg (1905–2000) ihre Kindheit auf dem Rittergut Baruth in Sachsen. Nach dem Soldatentod Ihres Vaters und der kriegsbedingten Flucht mit ihrer Mutter Prinzessin Dorothea und ihrem Bruder Prinz Franz (1929–95) kam die Familie 1945 einige Monate im Detmolder Schloss bei ihren Verwandten unter und verbrachte später einige Jahre im Lipper Land (NRW). Sie wurde Lehrerin für Latein und Religion.

Bei dem Besuch in Baruth fiel der Familie wieder auf, dass es noch immer Menschen gibt, die sich wohlwollend an das Leben mit dem Rittergut und seiner Bewohner erinnern. „Es werden ja immer weniger, deshalb ist es so wichtig, dass wir ihre Geschichten erfahren“, sagt Hagen Lippe-Weißenfeld. Einer von ihnen ist Alke Knobloch, der 1945 ins Schloss einzog, weil er in Teichnitz, wo er damals lebte, ausgebombt war. Ihn hat die Geschichte des Schlosses schon immer interessiert. Und weil er wusste, dass das Gebäude vor seiner Sprengung zwischen 1949 und 1950 noch einmal vermessen worden war, hat er sich vor einigen Jahren die Unterlagen im Archiv in Dresden angesehen, kopiert und ein Modell des Schlosses gebaut. Mit den Nachfahren der Prinzessin hat er dieses Mal einen Rundgang im Park Baruth unternommen, um die Lage des Schlosses nachzuempfinden und seine Erinnerungen zu erzählen. „Die Familie meiner Frau hat sogar in der prinzlichen Wohnung gelebt“, sagt er. Gefreut haben sich die Gäste auch darüber, dass das sogenannte kleine Schloss, das spätere Rentamt und dann Gemeindeamt, nun saniert wurde und in hellen Farben strahlt. Eine Wohnung und eine Physiotherapie hauchen dem Haus neues Leben ein.

Im Sportlerheim von Baruth erfuhren über 50 Besucher zur Buchpremiere teilweise ganz neue Fakten. So hatte Anja Moschke, Archivarin im Staatsfilialarchiv Bautzen, den Zuhörern die Geschichte des Schlosses nahegebracht. Allein der Fakt, dass es im Archiv 1 443 Akten in 227 Kisten sowie 110 Urkunden und 78 Karten, Pläne und Risse gibt, erstaunte die Gäste. „Die Menge der Fakten zu Baruth zeigt die historische Bedeutung“, findet Hagen Lippe-Weißenfeld. Anja Moschke wird den Umfang der Archivalien jetzt aufarbeiten und auch digitalisieren. Ein Teil davon ist bereits im Internet auf der Seite des sächsischen Archivs zu sehen.

Bücher gibt es beim Heimatverein

Für die Familie war dieser Besuch erneut Anregung, wiederzukommen. Hagen Lippe-Weißenfeld hat spontan entschieden, dass er, seine Frau Charlotte und seine vier Kinder Ferdinand, Clemens, Henriette und Amalie dem Heimatverein Baruth beitreten. „Meine Eltern sind ja schon seit Jahren Mitglied. Es wäre schön, wenn wir vielleicht auf diese Weise auch in Zukunft einen bescheidenen Beitrag zur Zukunftsgestaltung des Dorfes leisten könnten“, sagt Lippe-Weißenfeld.

Für die Baruther und die Geschichtsinteressierten der umliegenden Orte dürfte das zweite Buch der Familiengeschichte vor allem deshalb interessant sein, weil auf über 200 Seiten ihre Geschichte beschrieben wird. So finden sich darin auch Texte vom Baruther Ortschronisten Horst Gärtner und dem bereits erwähnten Alke Knobloch. Die Bücher können beim Heimatverein in Baruth erworben werden. In einer kleinen Anzahl wurde noch einmal „Baruth in Sachsen 1945 – 50“ aufgelegt.

„275 Jahre Lippe-Weißenfeld – Wanderung vom Lipper Land über die Niederlausitz in die Oberlausitz“, 430 S., reich bebildert mit Übersichtstafeln und Stammbäumen zum Haus Lippe-Weißenfeld

Preis: 39,80 Euro, ISBN 978-3-936867-68-8