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Das vernetzte Fossil von Hannover

Sächsische Aussteller nutzen die Industrie-Messe in Hannover als Leistungsschau und Personalbörse.

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© Wolfgang Schmidt

Von Joachim Göres

Sie ist eine Art Fossil und hat mittlerweile 60 Jahre auf dem Buckel. Dennoch erfreut sie sich uneingeschränkter Beliebtheit: Mit mehr als 5 000 Ausstellern aus 65 Ländern und reichlich 180 000 Besuchern bleibt die Hannover-Messe, die Ende vergangener Woche ihre Pforten schloss, die weltweit bedeutendste Industrieschau. Auch, weil sie sich stetig wandelt: Bei der diesjährigen Ausgabe ging es vor allem um die „Industrie 4.0“, also Anlagen und Produkte, die selbstständig miteinander kommunizieren – und auch darum, wieweit Bauteile und Maschinen bereits heute vernetzt sind.

Dabei ist die Grande Dame der Industrie-Ausstellungen nicht unumstritten. Viele Unternehmen überlegen, ob sie ihre Produkte nicht lieber auf branchenspezifischen Fachmessen präsentieren, bei denen die Besucher oft wesentlich gezielter nach Innovationen suchen. Gleichzeitig zählt für viele Aussteller auch die Chance, ihre Produkte einem möglichst breiten Publikum präsentieren zu können. Die ambivalente Gefühlslage spiegelt sich auch bei den sächsischen Firmen wider, die nach Hannover gefahren waren.

„Es gab viele konkrete Anfragen aus dem In- und Ausland“, sagt Torsten König, Projektleiter Digitale Thermografie bei der Infra Tec GmbH aus Dresden. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben in Europa führender Spezialist für Infrarotsensorik und Messtechnik. Die im eigenen Werk und bei Jenoptik im Auftrag hergestellten Sensorik- und Wärmebildsysteme werden in der Industrie und in der Forschung überall dort eingesetzt, wo Temperaturen gemessen werden. So können etwa Fehler in der Produktion aufgespürt werden, sagt Torsten König.

An seinem Messestand dient die Technik dazu, Besucher anzulocken: Dank einiger Wärmebildkameras konnten die vorbeiziehenden Besucher sich auf großen Monitoren in Blau und Grün sehen und beobachten, wie sich ihre Bewegungen auf die Temperaturverteilung auswirken.

Wärmebilder als Wachstumstreiber

Für die Fachleute hatte die Infra Tec eine Thermografiekamera mitgebracht, die laut König mit einer mehr als doppelt so hohen Pixelauflösung wie bisherige Spitzenmodelle arbeitet. „Wir bieten im nichtmilitärischen Bereich weltweit die beste Qualität. Es entstehen kristallklare Wärmebilder, mit denen man genauer, schneller und letztlich effizienter arbeiten kann.“ Das Interesse sei „sehr groß“ gewesen, betont König. Schließlich solle die neue Kamera auch als Wachstumstreiber dienen – bilanziell und personell. Die 1991 mit zwei Personen als Ingenieurbüro gegründete Infra Tec beschäftigt derzeit 210 Mitarbeiter und erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 25 Millionen Euro, Tendenz steigend. Gefragt seien derzeit vor allem Entwicklungsingenieure, sagt König.

Auch die Telegärtner Gerätebau GmbH aus Höckendorf sieht im großen Publikumsandrang die Chance, nach Fachkräften Ausschau zu halten. „Hierher kommen auch viele Maschinenbau-Studenten“, sagt Geschäftsführer Hubert Sperlich. Seine 170 Mitarbeiter zählende Firma stellt unter anderem Sensoren, Kabel, Präzisionsdrehteile und Komponenten für Glasfaserleitungen her, viel davon in Handarbeit in kleiner Stückzahl nach Kundenwunsch. „Das Massengeschäft findet in China statt, da haben wir keine Chance“, sagt Sperlich. Telegärtner setze stattdessen „auf verlässliche Serienqualität zu einem vernünftigen Preis“. Gleichzeitig will Sperlich mit den in Hannover geknüpften internationalen Kontakten den Export ausbauen, der bei sechs Prozent des Umsatzes von zuletzt 16 Millionen Euro liegt. Mit der Resonanz ist Sperlich sichtlich zufrieden: „Es gibt bei Industrieunternehmen ein großes Interesse an Zulieferbetrieben wie uns.“

Wie Telegärtner stellt auch die Richard Grießbach Feinmechanik GmbH aus Altenberg ihre Produkte am Gemeinschaftsstand der sächsischen Zulieferer aus. Grießbach ist Spezialist für Präzisionsdrehteile mit einem Durchmesser von einem bis zu 30 Millimetern, die in der Medizintechnik und im Maschinenbau gefragt sind. Für die Firma ist der Auftritt beim Messe-Fossil gewissermaßen Pflicht: „Unsere Produkte sind häufig noch nicht so bekannt – deswegen muss man sich hier zeigen“, sagt Fertigungsleiter Michael Bubel.