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"Das war nicht der erste Totalausfall"

Ganz Riesa ohne Strom – das gab es schon zweimal, erinnert sich ein früherer Mitarbeiter. Einmal war ein Flugzeug dran schuld.

Von Christoph Scharf
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Feuerwehrleute im Einsatz im Umspannwerk Gröba: Bei der Havarie am 18. Mai musste die Anlage erst von Enso-Technikern freigeschalten werden, bevor die Kameraden rein durften.
Feuerwehrleute im Einsatz im Umspannwerk Gröba: Bei der Havarie am 18. Mai musste die Anlage erst von Enso-Technikern freigeschalten werden, bevor die Kameraden rein durften. © Eric Weser

Riesa. Eine Havarie bei der Stromversorgung – und in der ganzen Stadt gehen auf einen Schlag die Lichter aus? So was gab es in Riesa schon mal, sagt Reiner Kielau aus Röderaue - und nimmt dazu Bezug auf den SZ-Beitrag „Das kostet der Stromausfall in Riesa“ vom 8. Juni. Darin hatte es geheißen, dass sich auch von den langgedienten Stadtwerke-Mitarbeitern keiner mehr an einen ähnlichen Vorfall erinnern konnte.

Doch Reiner Kielau kann: Der Ruheständler war von 1964 bis 2006 immer in Bereichen der Stromversorgung tätig, schreibt er an die SZ. Von 1964 bis 1972 im Stahlwerk Riesa, danach bis 1993 im Rohrwerk Zeithain und von 1993 bis 2006 schließlich in den Stadtwerken Riesa als Bereichsleiter Elektroenergieversorgung.

Stahlwerk kurz vor der Katastrophe

„In dieser Zeit habe ich zwei Totalausfälle hautnah miterlebt“, sagt der Mann aus Röderaue. In seiner Zeit im Stahlwerk Riesa sei ein Flugzeug der Roten Armee bei Großenhain in eine 110-Kilovolt-Leitung geflogen. „Dabei wurden beide Systeme beschädigt. Das Stahlwerk stand kurz vor einer Katastrophe wegen Wassermangel. Es fehlten noch fünf Minuten.“

Einen weiteren Totalausfall habe es beim Leitungszug der 110-Kilovolt-Leitung Streumen-Vieselbach (bei Erfurt) gegeben, als ein Leiterseil auf die darunter liegende 110-Kilovolt-Leitung fiel. Und dann habe man nach einem Blitzeinschlag in das Umspannwerk Zeithain ganz kurz vor dem Totalausfall gestanden, schreibt Kielau. 

„Nur dem Umstand, dass die Isolatoren noch hielten, obwohl sämtliche Porzellanringe abgesprengt worden, ist es zu verdanken, dass es nicht zum Totalausfall im Rohrwerk Zeithain kam.“

Stadtwerke haben reagiert

Er habe immer damit gerechnet, dass die 110-Kilovolt-Einspeisung ausfallen könne – eine andere Denkweise wäre auch unverantwortlich gewesen, wie die Beispiele zeigten.„Bei der Netztrennung 1994 wurden deshalb drei Noteinspeisungen vorgesehen. Dabei wurde vereinbart, dass in der Station Gröba ohne Absprache sofort vier bis fünf Megawatt bezogen werden können, wenn Feralpi Spannung hat“, sagt der frühere Bereichsleiter. Außerdem hätten die Stadtwerke zwei Notstromaggregate angeschafft. 

"Mit einem Totalausfall muss man bei einer Einspeisung über einen 110/20-Kilovolt-Trafo und einer nachgeordneten 20-Kilovolt-Anlage, was ja ein ‚Nadelöhr‘ darstellt, immer rechnen.“ Und genau das habe man bei seinem früheren Arbeitgeber auch getan. Das hatte Stadtwerke-Chef René Röthig auch schon vergangene Woche im Gespräch mit der SZ erläutert.

Demnach sei das Umspannwerk Nord zwar tatsächlich ein zentraler Punkt für Riesas Stromversorgung, biete durch verschiedene Blöcke aber Redundanz. Sollte das Umspannwerk Nord komplett ausfallen, könne man das Riesaer Netz dezentral über kleinere Trafostationen abschnittsweise wieder mit Strom versorgen. Und für Teilbereiche sei auch eine „Insellösung“ durch die Heizkraftwerke der Stadtwerke möglich.

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