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Debatte um schönsten Blick auf Meißen

Die Stadt plant einen neuen Anlauf für ein Bauvorhaben am Kapellenweg. Was dabei nicht aus der Sicht geraten soll.

Von Harald Daßler
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Die Altstadt zu Füßen: Nur ein Ausschnitt kann hier andeuten, welcher Blick sich vom Plossen aus auf die Meißner Altstadt bietet.
Die Altstadt zu Füßen: Nur ein Ausschnitt kann hier andeuten, welcher Blick sich vom Plossen aus auf die Meißner Altstadt bietet. © Claudia Hübschmann

Meißen. Welche Aussicht hat ein Bauprojekt? Diese Frage stellt sich am Plossen auf eine ganz besondere Weise. Denn hier geht es nicht nur um die Voraussetzungen für das Baurecht, sondern auch darum, ob die geplanten Ein- und Mehrfamilienhäuser, die zwischen Kapellen- und Plossenweg entstehen sollen, Blickbeziehungen zerstören. Die Sicht vom Kapellenweg – oberhalb der Hornschen Villa – gilt als einer der schönsten Ausblicke auf Meißen. Von der Albrechtsburg bis zur Frauenkirche liegt dem Betrachter die historische Altstadt zu Füßen.

Diesen Ausblick, in Meißen auch als Merian-Panorama bekannt, gilt es zu bewahren. Darauf zielt ein Antrag, den die Stadträte der Fraktion „Bürger für Meißen/SPD“ jetzt einbrachten. „Uns geht es darum, bei den Bauplanungen zumindest eine Zugangsmöglichkeit schaffen“, erklärte Ute Czeschka in der vorigen Woche im Sozial- und Kulturausschuss. Neben der Prüfung dieses Anliegens müsse natürlich auch geklärt werden, mit welchem Aufwand es sich verwirklichen ließe.

Die Stadträte der gemeinsamen Fraktion von Bürger für Meißen und SPD berufen sich auf die Expertise von Dr. Günter Naumann. Der Meißner Ortschronist und Ehrenbürger hatte im Oktober 2019 in einer Denkschrift auf die Einzigartigkeit des Blickes auf dieses Panorama hingewiesen und gewarnt: „Würde diese Bebauung genehmigt, dann ginge der Öffentlichkeit der schönste noch verfügbare Ausblick auf die Altstadt in Verbindung mit dem Burgberg für immer verloren.“ Er plädiert nachdrücklich für den Erhalt dieses Ausblicks und für die Erschließung durch eine öffentliche Aussichtsplattform, heißt es in der Begründung des Antrages.

Das Bauvorhaben auf dem Plossen stand in den vergangenen Jahren mehrfach auf der Tagesordnung der Entscheider. Bereits vor zwei Jahren hatte es einen Anlauf gegeben, um hier auf einer Fläche von 8.650 Quadratmetern exklusive Wohnhäuser in bester Lage bauen zu können. Damals stießen die Entwürfe  wegen ihrer architektonischen Gestaltung auf Vorbehalte, so dass ein Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Kapellenweg“ keine Mehrheit im Stadtrat fand. 

Wofür sich die Stadt einsetzen will

Nun bereitet die Bauverwaltung einen neuen Anlauf für einen solchen Beschluss vor, der die Voraussetzungen für das Baurecht schafft. In der kommenden Woche soll im Bauausschuss darüber beraten und am 3. Juni im Stadtrat entschieden werden, so die Planung im Rathaus. Bei den Arbeiten am neuen Aufstellungsbeschluss habe das Merian-Panorama eine Rolle gespielt, erklärt Amtsleiterin Inga Skambraks. Und sie weist darauf hin, dass sich alle Grundstücke in privatem Besitz befinden. Die Stadt könne keine Teilflächen enteignen, um einen Aussichtspunkt zu schaffen.

Die Bauverwaltung habe aber nach Alternativen gesucht, wo sich ähnliche Blicke auf das Altstadt-Panorama bieten. Mehrere Punkte, die in Frage kämen, befinden sich auf privaten Grundstücken. Die aussichtsreichste Möglichkeit für die Aussicht bietet die Spitzkehre der Plossenkurve. Im Zuge der bevorstehenden Bauarbeiten könnte hier ein Aussichtspunkt für die Öffentlichkeit geschaffen werden. Die Stadt werde sich bei den weiteren Vorbereitungen für den Neubau des Plossenaufstieges und bei den Absprachen mit dem Freistaat dafür stark machen, so die Chefin der Meißner Bauverwaltung.

"Optionen jetzt prüfen"

In der Debatte nannte Dr. Oliver Morof (U.L.M./FDP/Freie Bürger/CDU) den von den Stadtratskollegen der Bürger für Meißen/SPD-Fraktion eingebrachten Vorschlag eine „gute Idee“. Aber die Reihenfolge der einzelnen Schritte lehne er ab. Besser sei es, wenn die Bauverwaltung zunächst Vorschläge unterbreitet und diese mit Fachleuten wie dem Ortschronisten diskutiert. Ausdrücklich unterstützte er die Idee, eine Aussichtsplattform in die Planungen für den Neubau des Plossenanstieges einzubeziehen. 

Mit dem Verweis darauf, dass sich der Historiker Dr. Günter Naumann intensiv mit der Materie befasste, ließ Tilo Hellmann (Linke) seine Sympathie für den vorliegenden Antrag erkennen. Er halte ihn „für abstimmungsfähig“, erklärte er. Thomas Kirste (AfD) regte an, prüfen zu lassen, inwieweit Bürgerschaft und Touristiker eine Aussichtsmöglichkeit auf dem Plossen wünschen.

 „Wir wollen, dass Optionen geprüft werden, ehe auf dem Plossen alles verbaut ist“, warb Ute Czeschka eindringlich für den Antrag ihrer Fraktion. Im Sozial- und Kulturausschuss gab es noch keine Entscheidung dazu. Der Antrag soll in der nächsten Woche erneut auf die Tagesordnung kommen – diesmal im Bauausschuss. Am Mittwoch werden sich die Stadträte in diesem Gremium damit befassen, im öffentlichen Teil. Anschließend, im nichtöffentlichen Teil, soll dann ein neuer Entwurf für die Bauvorhaben am Kapellenweg zur Debatte stehen.

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