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Dem Corona-Virus entkommen

Friedhelm Finsterbusch aus Niederstriegis war in China und hat den Ausbruch des Corona-Virus miterlebt. Er berichtet von einem Land im Ausnahmezustand.

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Friedhelm Finsterbusch hatte in China die Schutzmaske dabei. Der Niederstriegiser, der in Dresden studiert, war für etwa vier Monate in China und hat dort den Ausbruch des Corona-Virus erlebt.
Friedhelm Finsterbusch hatte in China die Schutzmaske dabei. Der Niederstriegiser, der in Dresden studiert, war für etwa vier Monate in China und hat dort den Ausbruch des Corona-Virus erlebt. © privat

Döbeln. Friedhelm Finsterbusch war von September 2019 bis Ende Januar im Rahmen eines Auslandssemesters in Chengdu. Genau in der Zeit, als tausende Menschen am neuartigen Corona-Virus erkrankten und viele starben. Die chinesische Stadt ist mehr als 1.000 Kilometer von Wuhan, der Hauptstadt der am schlimmsten betroffenen Provinz Hubei, entfernt. Doch selbst dort, erzählt der gebürtige Niederstriegiser, waren die Maßnahmen gegen das Virus allgegenwärtig. Finsterbusch studiert Wirtschaftswissenschaften an der TU Dresden. Im Interview berichtet der 22-Jährige von seinen Erfahrungen in einem Land im Ausnahmezustand.

Sie sind Ende Januar aus China zurück nach Deutschland gekommen. Gab es bei der Einreise Vorsichtsmaßnahmen wegen des Virus‘?

Ich bin in Prag angekommen, aber von europäischer Seite gab es überhaupt keine Vorkehrungen. Von Prag bin ich dann nach Deutschland mit dem Zug gefahren, und auch dort wurde nichts kontrolliert.

Gab es in China Sicherheitsbestimmungen bei der Ausreise?

Ja, bei der Ausreise wurde die Temperatur gemessen und ich musste einen kurzen Fragebogen ausfüllen, ob ich Husten habe, ich mich unwohl fühle oder andere Symptome zeige.

Friedhelm Finsterbusch hatte in China die Schutzmaske dabei. Der Niederstriegiser, der in Dresden studiert, war für etwa vier Monate in China und hat dort den Ausbruch des Corona-Virus erlebt.
Friedhelm Finsterbusch hatte in China die Schutzmaske dabei. Der Niederstriegiser, der in Dresden studiert, war für etwa vier Monate in China und hat dort den Ausbruch des Corona-Virus erlebt. © privat

Während Ihres Auslandssemesters wohnten Sie über 1.000 Kilometer von Wuhan, der vom Virus am stärksten betroffenen Stadt Chinas, entfernt. Haben Sie da, abgesehen von den Ausreisekontrollen, überhaupt viel mitbekommen von dem Virusausbruch?

Zum Zeitpunkt des Ausbruchs war ich in Hongkong, anschließend in Shenzen und kurz vor meiner Rückreise am 26. Januar bin ich noch mal in meine Stadt zurück. Dort war die Veränderung sehr krass, obwohl es so weit entfernt war. Sämtliche Touristenattraktionen, Shopping-Center, Bars, Clubs und Ausgehmöglichkeiten waren zwangsweise geschlossen. Nur einige Supermärkte hatten geöffnet. Zusätzlich gab es an jeder U-Bahn-Station am Eingang eine Temperaturkontrolle, es herrschte Maskenpflicht in U-Bahn und Taxis. Wohnanlagen konnte man nur betreten, wenn man sich als Bewohner ausweisen konnte und auch noch mal die Temperatur gemessen wurde. Die Maßnahmen waren wirklich sehr streng. Gestern habe ich erfahren, dass in Chengdu jetzt auch noch eine Ausgangssperre eingeführt wurde.

Wie kauft man denn ein, wenn die großen Einkaufszentren geschlossen sind?

Es gibt kleine Läden des täglichen Bedarfs, wo man nicht nur Essen, sondern auch Waschmittel und Zahnbürsten und so was kaufen kann, die hatten geöffnet. Und auch die Online-Lieferservices liefen normal weiter. Es war zum Beispiel möglich, sich online Essen liefern zu lassen. Das ist in China sowieso ganz normal, dass man sich die täglichen Einkäufe nach Hause liefern lässt. Diesen Service gab es nach wie vor, zumindest in Chengdu.

War die Stimmung im Land angespannt?

Das war unterschiedlich. Als ich noch in Shenzen war, war die Stimmung noch relativ entspannt, weil die Stadt wegen des Frühlingsfests sowieso fast leer war. Aber trotzdem wurden überall Masken getragen. In Chengdu wiederum hatte ich nicht viel Kontakt mit Menschen, weil ich nur kurz da war und schnell meine Sachen gepackt habe, um nach Deutschland zurückzukehren. Aber von meinen Freunden in China weiß ich, dass alle ziemlich besorgt sind. Einige haben schon seit 14 Tagen ihre Wohnung nicht verlassen.

Am Chengdu-Shuangliu International Airport müssen die Fluggäste Angaben zu ihrem Gesundheitszustand machen. Auch hier wird die Körpertemperatur gemessen.
Am Chengdu-Shuangliu International Airport müssen die Fluggäste Angaben zu ihrem Gesundheitszustand machen. Auch hier wird die Körpertemperatur gemessen. © privat

Wie haben Sie selbst die Situation wahrgenommen und sich gefühlt?

Sehr wechselhaft. Am Anfang war es fast noch wie ein Spaß, weil man immer mit der Maske rumgelaufen ist, das war wie ein neuer Trend. Am Anfang machten das nur die jungen Leute. Aber als ich von den ersten Todesfällen hörte, habe ich schon ein mulmiges Gefühl bekommen, ich hab dann auch immer die Maske getragen.

Gab es Vorbehalte oder Vorsichtsmaßnahmen von Familie und Freunden nach Ihrer Rückkehr?

Meine Familie hat sich vor allem gefreut, dass ich wieder da war, Vorbehalte gab es da nicht. In den ersten Tagen habe ich trotzdem konsequent die Hände desinfiziert, genau wie meine Kleidung. Auch bei meinen Freunden habe ich mich freundlich empfangen gefühlt. Natürlich wurden mir Fragen um das Virus gestellt, auch immer die kritische Frage, ob ich mich habe testen lassen. Negative Reaktionen habe ich aber nicht erlebt. Allerdings hatte ich zwei Bewerbungsgespräche geplant mit Unternehmen, die auch in China aktiv sind und sich deshalb mit der Situation dort auskennen. Die wollten die Gespräche dann nicht mehr persönlich führen, bei einem Unternehmen haben wir es dann per Skype geführt, die andere Firma wollte einen negativen Virentest.

Ich fragte in den Unikliniken Dresden und Leipzig an, ob ich einen Test durchführen könnte. Beide haben aber gesagt, dass sie nur Tests durchführen, wenn man im Risikogebiet war und Symptome zeigt, oder wenn man engen Kontakt zu Infizierten hatte. Die Begründung war, dass die Zentren überlastet sind. Deshalb konnte ich den Test nicht machen, habe kurz danach aber die Zusage von dem Unternehmen bekommen, bei dem das Bewerbungsgespräch über Skype lief. Jetzt ist auch die Inkubationszeit von 14 Tagen rum, sodass ich sicher bin, dass ich den Virus nicht habe.

Es fragte: Rasmus Wittrin