SZ +
Merken

Demitzer Eiche trug vor einem Krieg schon im Frühsommer gelbe Blätter

Das letzte Mal war das 1939 der Fall – jenem Jahr, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. 1946 wurde der Baum gefällt.

Teilen
Folgen

Von Karl-Heinz Reichelt

Sie ist schon fast eine Heimatsage. Einige ältere Demitzer haben die so genannte „Kriegseiche“ aber noch in lebendiger Erinnerung. Der Standort des stattlichen Baumes befand sich in dem ausgedehnten Mischwald, der hinter dem Ortsteil Birkenrode beginnt und sich in Richtung Karlsdorf bzw. Medewitz ausbreitet. Gleich am Waldrand etwa 15 Meter linksseitig von der Straße erhob sich einst jene prächtige Eiche. Leider überstand sie die Nachkriegszeit nicht lange. 1946 wurde sie gefällt.

Die Eiche war ein Naturphänomen. Sie soll nach glaubwürdigen Aussagen mehrerer älterer Dorfbewohner in jedem Jahr, in dem ein Krieg ausbrach, schon jeweils im Frühsommer gelbe anstatt grüne Blätter getragen haben. Und zwar 1870, ebenso 1914 und auch 1939, also letztmalig vor nunmehr 70 Jahren. Sie erhielt deshalb im Volksmund den Namen „Kriegseiche“! Doch nur wenige Einwohner wissen noch davon.

Entdeckung beim Wandertag

Siegfried Wittwer, Jahrgang 1926, erinnert sich an einen Wandertag seiner Schulklasse im Jahr 1939, den der damalige Schuldirektor Otto Hauser angeordnet hatte. Der Demitzer erzählt: „Es war Sommeranfang, und wir wanderten von Demitz über Birkenrode in Richtung Galgenberg. Plötzlich entdeckten wir inmitten der Baumkronen mit frischem Grün diese Eiche mit auffällig gelben Blättern. Niemand wusste dafür eine Erklärung, auch unser Lehrer nicht. Der Stamm des Baumes war schon ziemlich dick. Einige Schüler umfassten ihn damals mit ihren Armen.“

Manfred Krebs hat im Frühsommer desselben Jahres als Schulkind ebenfalls vor diesem Naturwunder gestanden. Auch er hat die leuchtend gelben Blätter nicht vergessen. Heute kommt er oft noch als unermüdlicher Radler an dem ehemaligen Standort der Eiche vorbei. „Leider hat man 1946 den Baum einfach mit der Säge beseitigt“, bedauert er. „Das war primitiv, doch in den damaligen Nachkriegswirren geschahen auch in anderen Orten viele Dinge, die besser unterblieben wären“, meint er rückblickend. Übrigens, auch rechts der Straße, ebenfalls am Waldesrand, steht ein ähnliches Exemplar. Doch diese Eiche wies nie irgendwelche Besonderheiten auf.

Sicher wird es biologische Ursachen für das Naturphänomen gegeben haben. Da das Ereignis aber jeweils einen bevorstehenden Krieg ankündigte, wird es wohl immer mysteriös bleiben und der Baum im Volksmund seinen Namen „Kriegseiche“ behalten.