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Den letzten Willen zu Lebzeiten erfüllen

Wer viel Geld übrig hat,gründet eine Stiftung. Das sächsische Recht soll bis 2006 reformiert werden.

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Von Wulf Stibenz

Geben ist seliger, denn nehmen. Das mag auch einen Gönner bewogen haben, den Görlitzern nun schon im elften Jahr die so genannte „Altstadtmillion“ zu überweisen. Wer der Spender ist, muss geheim bleiben, sonst versiegt der mit der Euroumstellung rund 500 000 Euro breite Geldstrom für die Kulturhauptstadt-Bewerberin. Das schreibt der Stifterwille so fest. Und der ist unantastbar.

Erlaubt ist im Stiftungsrecht, was der Gemeinschaft dient. Und in Görlitz sind das die Görlitzer, wie Sven Rüdiger, verantwortlich für die Altstadtstiftung, feststellt. „Wir fördern mit dem Geld im Prinzip jeden“, sagt er. Eine Kommission entscheide, ob und wie ein Projekt gefördert wird. „Zwischen 5 00 und 20 000 Euro pro Antrag schießen wir zu“, sagt Rüdiger. 95 waren es im vergangenen Jahr. Erfreuen können sich daran Görlitzer und Touristen. Und das soll so bleiben. „Wir wären ja verrückt, wenn wir den Spender ermitteln“, sagt Rüdiger.

Den letzten Willen zu Lebzeiten kann jeder erlassen, der Geld übrig hat. „Die Tradition reicht bis zum Totenkult der Antike zurück – so eine Stiftung ist wie ein Testament“, sagt Stiftungsexperte Martin Schulte, Jura-Professor an der Technischen Universität Dresden (TUD). Doch nicht nur Personen, Kirchen, Gesundheitsprojekte oder Museen nutzen diese Rechtsform. Auch Firmen und Vater Staat geben ihr Geld her. Der Vorteil: Stifter bestimmen, was mit ihrem Geld gefördert wird.

Die Chance, unbürokratisch Projekte voran zu treiben, führt zu immer mehr Stiftungen. Ihr Vermögen beläuft sich deutschlandweit auf 60 Milliarden Euro, jährlich setzen sie etwa 15 Milliarden Euro um. Ende 2004 gab es 12 940 Stiftungen, 852 wurden neu gegründet. Allein Sachsen hat 244 Stiftungen – darunter öffentlich-rechtliche. „Die Möglichkeit von Sachsen und Kommunen, Stiftungen zu errichten, ist ein Instrument der Flexibilisierung der Verwaltung“, sagt Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Allerdings stelle diese Stiftungsgründung keine Patentlösung dar.

Mit wenig Geld viel erreichen

Der Grund ist das fehlende Startkapital. So bringen viele kommunale Stiftungen nur 500 000 Euro ein. Das ist nicht viel, weil nur die Erträge ausgegeben werden dürfen – für Stiftungszweck, Personal und Gebäude. „Bei öffentlichen Stiftungen spreche ich deshalb oft von Känguru-Stiftungen: große Sprünge und nichts im Beutel“, sagt Schulte. Allerdings haben alle einen Vorteil – ihr Image. „Der gute Ruf der Stiftung ist ein Argument für die Wahl dieser Rechtsform“, sagt deshalb auch de Maizière.

So auch bei der Stiftung Deutsches Hygiene-Museum Dresden. „Die Rechtsform hat für uns handfeste Vorteile: Strukturen werden schlanker und private Mittel lassen sich leichter werben“, sagt Stiftungssprecher Manuel Frey. So kämen trotz des „kleinen Grundkapitals viele 100 000 Euro für Projekte zusammen“. Und bei aller Wohltätigkeit – Stiftungen nutzen sogar Geldgebern. Experte Schulte nennt dies „steuerrechtlich interessant“. Das Kapital wird abgeschrieben.

Doch zurzeit hinkt das sächsische Recht den Anforderungen in Sachen Stiftung hinterher. „Wir hatten zwar 1998 ein Reförmchen im Landesstiftungsgesetz, arbeiten aber noch mit einer Rechtsgrundlage aus DDR-Zeit“, so der Stiftungsexperte. Der Freistaat sei im Reformzwang. „Es existiert bereits ein Entwurf“, sagt de Maizière dazu. Noch in diesem Jahr soll der Landtag darüber entscheiden. Im unveröffentlichten Entwurf des Innenministers soll vor allem „bürgerschaftliches Engagement durch ein noch stiftungsfreundlicheres Klima gestärkt und gefördert werden.“

Als erstes könnte von der Reform die geplante TUD-Stiftung profitieren. Geht es nach der Unileitung, soll sie ab Januar 2006 als Stiftung agieren. Ziele sind mehr Autonomie, Sponsoren und Handlungsfreiheit. Doch noch mahlen daran die Ämtermühlen. „Die Entscheidung, ob eine TU-Dresden-Stiftung errichtet werden soll, obliegt dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Kabinett und dem Landtag“, sagt de Maizière. Rechtlich gebe es aber keine Einwände.