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Den Schirm immer griffbereit

Altenberg. Einige Häuser im Ortsteil Zinnwald liegen im Rosengrund.Die SZ erkundete, wie die dornige Liebesbotin zur Namensgeberin wurde.

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Von Karin Grießbach

Gleich mehrere Regenschirme liegen immer griffbereit neben der Eingangstür im Eigenheim von Eveline und Martin Probst. Das Ehepaar wohnt seit 1964 im Rosengrund in Zinnwald. Beide leben seit ihrer Geburt in dem Altenberger Ortsteil und haben sich längst an das raue Klima auf dem Erzgebirgskamm gewöhnt. In der Vergangenheit wurden sie von Petrus’ Launen schon häufiger um die Früchte ihrer mühevollen Gartenarbeit gebracht.

Unverdrossen ringen die beiden begeisterten Hobbygärtner trotzdem der Natur Jahr um Jahr ein farbenprächtiges Blumenmeer rund um ihr schmuckes Häuschen ab. Ebenso wie auf den Grundstücken einiger Nachbarn wachsen bei dem Ehepaar auch Exemplare der Pflanze, von der die kleine Senke unweit des ehemaligen Grenzübergangs ihren Namen bekam – die Rose.

Alteingesessene Familien haben Martin Probst erzählt, dass schon Anfang des vergangenen Jahrhunderts ein Ofensetzermeister im Rosengrund mit Erfolg die dornigen Liebesboten gezüchtet haben soll. Ob die Blütenpracht seiner Blumen der Siedlung einst ihren Namen gab, lässt sich heute leider nicht mehr mit Bestimmtheit sagen.

„Die gelben Teerosen liebe ich besonders“, sagt Eveline Probst und holt ein Fotoalbum aus dem Schrank. Nach dem verregneten Sommer 2007 kann die 70-Jährige momentan nur mit Bildern beweisen, wie schön ihre Rosen mal geblüht haben. Ein weiteres Foto dokumentiert aber auch, welche Widerstandskraft Pflanzen auf dem Erzgebirgskamm brauchen. Trotzig lugen darauf mehrere Rosenknospen aus einer dichten Schneehaube hervor, die ihnen sogar mal Mitte Mai übergestülpt wurde.

Die Armee musste anrücken

Der Leiter des Altenberger Bergbaumuseums, Christoph Schröder, fand in seinem Archiv auch kein Dokument, das Licht in das Dunkel der Namensgebung bringen könnte. Für die Aktivitäten der Bergleute in früheren Jahrhunderten in diesem Gebiet gibt es dagegen gleich eine ganze Reihe historischer Zeitzeugen. So ist ein seit 1921 zu Wohnzwecken genutztes Gebäude bis heute bei den Einheimischen unter dem Namen „Pels-Wäsche“ bekannt. „Die Metallhändler Siegfried und Albert Pels aus Hamburg wagten 1904 in der Gnade Gottes Fundgrube in Zinnwald einen neuen Grubenaufschluss. Neben dem Schacht wurde auch eine neue Erzaufbereitung in damals moderner Ausführung errichtet“, erklärt Schröder. Die Aufbereitungsrückstände wurden gleich in der Umgebung der Erzwäsche abgekippt.

Dass ihre Häuser auf einem ehemaligen Haldengelände stehen, wurde Martin Probst und seinen Nachbarn spätestens bei der Neuverlegung ihrer Wasser- und Abwasserleitungen in den 1980er Jahren wieder in Erinnerung gerufen. „Wegen der Frostgefahr mussten die Leitungen gut zwei Meter tief verlegt werden“, erinnert sich Eduard Grenzner, der 1940 mit seinen Eltern aus Rumänien in den Rosengrund kam, noch gut an die Aktion. Gerade ausgehobene Gräben brachen so schnell ein, dass die Bauleute es nicht schafften, die Leitungen in die Erde zu bringen. Erst als eine Spezialeinheit der Armee mit ihrer Technik anrückte, konnten die Leitungen verlegt werden.

In Eigeninitiative zogen die Rosengrundler mit Hacke und Schaufel gleich noch ein Fernsehkabel bis in ihre Häuser. Dank dem Improvisationstalent einiger technisch versierter Mitmenschen gehörten Eduard Grenzner und seine Nachbarn schon bald zu den Glücklichen, die zumindest im medialen Bereich das „Tal der Ahnungslosen“ verlassen konnten.

Nicht erst die Antennengemeinschaft schweißte die Bewohner des kleinen Wohngebietes zusammen. „Vor 30 Jahren halfen unsere Männer nach Feierabend auch beim Bau einer Konsum-Verkaufsstelle mit“, erinnert sich Karla Grenzner.

Wie viele ihrer Nachbarn ist das Ehepaar froh, dass nach einigen Jahren des Leerstandes wieder ein Landmarkt in der ehemaligen Kaufhalle seine Türen öffnete. „Da gibt es eigentlich alles, was man zum täglichen Leben braucht“, sagt Eveline Probst. „Von der medizinischen Versorgung kann man das leider nicht behaupten“, klagt die Zinnwalderin. Für Facharztbesuche müssen die Einwohner weite Strecken zurücklegen.