Von Jens Fritzsche
Kaum ein Stück Pulsnitzer Boden hat in den letzten Jahren für so viele Schlagzeilen gesorgt, wie jene rund 6 000 Kubikmeter Erde an der Siegesbergstraße. Denn hier war es beim Streit um die dort angelegte Erdstoff-Deponie sogar zu einem Gerichtsurteil gegen Bürgermeister Erhard Rückwardt (CDU) gekommen. Jetzt wird die Deponie in Ordnung gebracht.
Die Pulsnitzer Stadträte brachten vor gut einem Monat das Ende eines langwierigen Umwelt-Themas auf den Weg. Sie stimmten einem Vertrag zwischen der Stadt Pulsnitz und der Firma Frauenrath Recycling zu, die Erdstoff-Deponie Siegesbergstraße bis Ende 2004 zu sanieren. Jetzt sind die Unterschriften unter den Vertrag gesetzt, die Sanierung hat begonnen.
Zur Vorgeschichte: Im Sommer 1999 waren Anwohnern der Deponie Gerüche in die Nase gestiegen. Üble Gerüche. Vermutungen machten dann die Runde, die Pulsnitzer Baufirma GWE hätte hier nicht nur Dinge abgelagert, die erlaubt waren... Der Schutt stammte aus dem Abriss der alten Ankerwickelei in Pulsnitz und bei genaueren Untersuchungen waren dann tatsächlich giftige Stoffe gefunden worden.
Verwunderung, Vorwürfe und Gerichtsurteil
Polizei, Staatsanwaltschaft und auch die Medien interessierten sich nun für die Deponie - und bei all diesen Ermittlungen wurde festgestellt, dass es offenbar gar keine Genehmigung für die Deponie gab. Stadtoberhaupt Erhard Rückwardt (CDU) hatte 1993 einen Vertrag mit der Firma GWE abgeschlossen und hätte dies eigentlich nicht tun dürfen, weil zunächst beim Regierungspräsidium und beim Landratsamt die Genehmigung für die Deponie hätte eingeholt werden müssen. Rückwardt hatte sich über die Vorwürfe dann aber doch reichlich gewundert, schließlich war das Gelände für die Deponie vom damals zuständigen Kreistag Bischofswerda eigens aus einem Landschaftsschutzgebiet ausgegliedert worden, weil hier besagte Deponie geplant war, waren zuvor auch die Träger öffentlicher Belange (also die Anlieger-Kommunen und Umweltverbände) gefragt worden. Von Heimlichtuerei könne da wohl keine Rede sein, hatte Rückwardt unterstrichen. Sei es wie es sei, das Amtsgericht in Kamenz verurteilte den Bürgermeister Ende 2001 dennoch. Zu einer Geldstrafe.
Und eigentlich sollte bis zum Jahresende 2002 im wahrsten Wortsinn Gras über die Sache gewachsen sein, denn das Regierungspräsidium hatte der Stadt den Auftrag erteilt, die Sanierung der Deponie bis dahin abzuschließen. Doch die mit der Aufgabe beauftragte Firma - wiederum GWE - war zwischendurch Pleite gegangen. Also genehmigten Regierungspräsidium und Umweltfachamt Bautzen eine Fristverlängerung bis Ende 2004. „Und bis dahin werden wir die Sache auch erledigt haben“, zeigt sich Christian Träber, Geschäftsführer der nun zuständigen Firma Frauenrath Recycling, zuversichtlich. Die giftigen Stoffe sind längst beräumt, jetzt geht es darum, noch einmal rund 6 000 Kubikmeter Boden zur Deponie zubringen, die durch die Verkippungen entstandenen steilen Böschungen abzuflachen und so der Natur die Chance zu geben, wieder Schritt für Schritt Besitz von der Fläche zu ergreifen. „In einigen Bereichen ist da schon viel passiert, hat sich die Natur schon selbst geholfen“, freut sich Dieter Scheffler, stellvertretender Pulsnitzer Bauamtsleiter. Vielleicht, so Scheffler weiter, könnte nach der Sanierung auch noch hier und da mit Hilfe einer ABM mit Baumpflanzaktionen zusätzliches Grün geschaffen werden. „Aber im Moment ist die Stadtkasse nicht gerade prall gefüllt“, erläutert Dieter Scheffler. „Wir sind deshalb besonders froh, dass wir in Frauenrath Recycling einen Partner gefunden haben, der die Sanierung für die Stadt kostenneutral gestaltet.“ Heißt, für Pulsnitz entstehen keine Kosten. Weil Frauenrath Recycling seine Ausgaben für die Sanierung durch entsprechende Einnahmen decken kann. Geschäftsführer Christian Träber erläutert: „Wir nehmen Erdstoffe von anderen Unternehmen an, die dafür Geld bezahlen.“ So ist es Frauenrath Recycling möglich, die Kosten für Sanierung. Planung und bürokratischen Aufwand zu tilgen. Dass das ursprüngliche Konzept, gleichzeitig mit der Deponie-Sanierung hier sogar eine Art Parklandschaft anzulegen - was die Stadt ebenfalls keinen Cent kosten sollt -, realisiert werden kann, verweist Träber ins Reich der Illusionen. „Die Preise für Erdstoffe sind derart im Keller, dass es schon schwierig genug war, die Sanierung für Pulsnitz kostenneutral anbieten zu können.“
Genaue Buchführung
über Erdstoff-Herkunft
Dass Regierungspräsidium, Umweltverbände und auch die Bürger jetzt ganz genau hinsehen, was auf der Deponie Siegesberg passiert, ist sowohl der Stadtverwaltung als auch Frauenrath Recycling klar. „Wir haben das mit unserem neuen Partner jetzt im Griff“, tritt Bauamtsleiter Rolf Kanitz Skeptikern entschieden entgegen. Und Christian Träber erläutert, dass das Regierungspräsidium einen genauen Nachweis haben möchte, woher das Material stammt, das ab sofort an der Deponie eingesetzt wird. „Deshalb müssen wir ein so genanntes Betriebstagebuch führen, wo Herkunft und Unbedenklichkeit des Bodens dargelegt werden“, so Träber. Der Großteil der Erde stamme dabei von einer aktuellen Straßen-Baustelle in Gersdorf-Möhrsdorf. „Dieser Boden ist absolut unbedenklich“, unterstreicht Christian Träber. Und so können ab 2004 die Wanderer die einstige Deponie für sich erschließen und haben von der Böschung aus einen wunderbaren Blick über Pulsnitz.