Von Iris Schmidt
Radeberg. Dass die Radeberger naturliebend sind, ist bekannt. Wenn die Bäume auf dem Marktplatz darben, dann macht das die Runde. Dann greift jemand zum Telefonhörer und fragt bei der SZ an. In diesem Fall Claus Richter. Er wollte wissen: Warum lassen die Stadtväter den Spitzahorn am Markt vertrocknen?
„Wir haben uns gekümmert“, versichert Hartmut Schreiber, der Chef von Stadtwirtschaftshof. Man sei dem Pflegeauftrag immer nachgekommen. Den uralten Rhododendron vor dem Lindenhof haben seine Leute alle zwei Tage gegossen. Als dann festgestellt wurde, dass die Bäume auf dem Markt auch ein bisschen Wasser vertragen könnten, hat auch der Ahorn alle zwei Tage einen Schwall abbekommen. „Eigentlich ist das bei Bäumen nicht nötig“, so Schreiber. Die Stämme hätten einen Durchmesser von etwa 12 bis 16 Zentimetern, wären Anfang der 1990er Jahre gepflanzt worden. „Ein Baum dieser Größe kann Wärme eigentlich ab“, sagt Schreiber. Immerhin fast 7 000 Liter Wasser haben die Männer täglich zu den Pflanzen gebracht. Sechsmal sei man mit dem lebensspendenden Nass täglich in die Innenstadt gefahren, schildert er den Arbeitsaufwand. Und nun das...
Verschiedene Ursachen
Hartmut Schreiber schultert also kurzentschlossen am Dienstag eine Leiter und schreitet zur Tat. Der Fachmann nimmt die Bäume, speziell die Triebspitzen vom Ahorn unter die Lupe und schaut nach, ob sie noch in Saft und Kraft stehen. Er hat sich schon mit dem Dresdner Pflanzenschutzamt in Verbindung gesetzt, die Symptome geschildert. Dort hat er erfahren, dass die Ursachen vielfältig sein können. Spezialisten wissen, dass gerade der Ahorn für die so genannte Welkkrankheit, sie wird von einem Pilz hervorgerufen, sehr empfänglich ist. Das sei eine schleichende Erkrankung, die erst nach Jahren ausbrechen könne, heißt es aus dem Kreis der Fachleute. Sie erwischt nicht zwangsläufig jeden Baum, wie man deutlich am Radeberger Markt sieht. In solchen Sommern wie 2003 und 2006 bekommen auch Pflanzen eine Art Sonnenbrand. „Vielleicht ist aber die unterirdische Wasserführung so, dass das Nass nicht bis an die Wurzeln kommt, sondern es einfach das leichte Gefälle bergab fließt“, vermutet Schreiber. Oder, so munkelt mancher, die Autoabgase wären schuld. Weil die Ursachen so vielfältig sein können, nimmt Schreiber Proben und tütet sie ein. Er ist noch zu keinem endgültigen Schluss gekommen, hat aber einen fundierten Eindruck. Er will mit den Fachleuten im Gespräch und mit Lupe und Leiter dem Phänomen auf der Spur bleiben.
Hilfe aus dem Labor
Deshalb schickt Schreiber Blätter und Samen an die Landesanstalt für Landwirtschaft, in ein Labor in Alttrachau. Kostenlos übrigens. Dass die schlimmsten Befürchtungen von unserem Leser wahr werden, daran mag er jedoch gar nicht denken. Der Eigenbetrieb der Stadt Radeberg wird versuchen, den Ahorn wieder aufzupäppeln.
In den Rinnsteinen rund um den Markt rascheln die ersten trockenen Blätter. Der Ahorn fühlt wohl schon den Herbst ein bisschen und wirft sie ab.