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Der Amtsschimmel zieht die Hochzeitskutsche

Wer Ahnenforschung betreibt, durchforstet in der Regel die Archive der Kirchen. Erst seit 1876 ist der Personenstand in Deutschland amtlich. Von da an wurden Ehen, Geburten, Scheidungen oder Sterbefälle in Standesämtern registriert.

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Von Gunnar Klehm

Wer Ahnenforschung betreibt, durchforstet in der Regel die Archive der Kirchen. Erst seit 1876 ist der Personenstand in Deutschland amtlich. Von da an wurden Ehen, Geburten, Scheidungen oder Sterbefälle in Standesämtern registriert. Unzählige gesetzliche Änderungen gab es seitdem. Nur eines ist gleich geblieben: Wer kirchlich heiraten will, muss vorher eine standesamtliche Trauung nachweisen können.

Zuständigkeit

Es ist per Gesetz festgelegt, dass man sich ausschließlich im Standesamt des Haupt- oder Nebenwohnsitzes zur Trauung anmelden kann. Heiraten kann man dann jedoch, wo man will. Das hatte bis 1998 sogar einen Sinn. Bis dahin war das Brautpaar verpflichtet, das so genannte Aufgebot zu bestellen und öffentlich bekannt zu machen. Wenn jemand Gründe kennen würde, die diese Ehe unmöglich machen, hätte er sich melden können. Das war am besten an einem Ort, wo man die beiden kennt, also am Wohnort. Weil die Prüfungen des Standesamtes inzwischen aber so genau sind, dass es keinen Ehehinderungsgrund mehr geben kann, hat man das Aufgebot 1998 abgeschafft. Warum aber die Anmeldung am Wohnort heute noch Pflicht ist, weiß niemand so genau. Jährlich warten in Sachsen über 30 000 Heiratswillige in den Meldeämtern, um sich eine Aufenthaltsbescheinigung ausstellen zu lassen.

Ehefähigkeit

Doch bevor die Standesbeamten das heiratswillige Paar ums Ja-Wort bitten, sind sie gesetzlich verpflichtet, mit der Anmeldung auch die Ehefähigkeit zu prüfen. Dabei geht es natürlich nicht um einen Test, ob man vielleicht kochen, putzen oder lieben kann. Die Ämter haben die Aufgabe auszuschließen, dass keine leibliche Verwandtschaft der Eheleute besteht und festzustellen, dass beide den richtigen Namen tragen. Mit welchen Urkunden das nachgewiesen werden kann, ist bei jeder Person verschieden. Deshalb gehört ein ausführliches Beratungsgespräch im Standesamt zum Pflichtprogramm der Heiratswilligen.

Einfach ist es noch für Ledige, deren Eltern ein Familienbuch haben. Dann muss eine beglaubigte Abschrift aus dem Familienbuch beim Standesamt des Wohnortes der Eltern beschafft werden.

Alle anderen brauchen auf jeden Fall eine Abstammungsurkunde, auch wenn in den meisten Fällen darauf das Gleiche steht wie auf der Geburtsurkunde. Weil aber beispielsweise über Vaterschaftsklagen nachträglich eine Änderung der Geburtsurkunde möglich wäre, muss das Standesamt ausschließen, dass der „neue“ Vater nicht rein zufällig der des Partners ist. Die Abstammungsurkunde erhält man beim Standesamt seines Geburtsortes.

Zweite Ehe

Richtig kompliziert wird es dann, wenn ein Partner schon einmal verheiratet war. Um Bigamie ausschließen zu können, wird tiefgründig geprüft. Wer vor 1958 geheiratet hat, muss andere Urkunden vorlegen, als diejenigen, die später geheiratet haben, denn in diesem Jahr wurde in den alten Ländern das Familienbuch eingeführt. In den neuen Bundesländern gilt das zum 3. Oktober 1990. Ein Scheidungsurteil mit Amtsstempel reicht nicht immer. Auch hier ist eine umfangreiche (Rechts-)Beratung im Standesamt unausweichlich.

Bei der Anmeldung zur Eheschließung in Deutschland vorzulegen: Personalausweis oder Reisepass; Personenstandsurkunde oder Abstammungsurkunde; Aufenthaltsbescheinigung