Solche Feststellungen hätte man vor 20 Jahren sofort ins Reich der Fabel verwiesen. Doch es ist amtlich. Über 200 Biber haben Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde in Meißen bereits im Landkreis gezählt. Teilweise wird sogar von 280 Tieren gesprochen. Nach dem Elbeauen im Landkreis Torgau-Oschatz ist der Kreis Meißen damit die biberreichste Gegend in ganz Sachsen, freut sich Thomas Pfeiffer, der Biberfachmann im Meißner Landratsamt.
Jedes Biotop belegt
Gäbe es im Tierreich eine Zeitung, müsste drinstehen: Alles belegt. „Wir haben entlang der Elbe mit ihren Zuflüssen inzwischen jedes denkbare Biotop bewohnt“, schätzt Pfeiffer ein. Weitere Schwerpunkte sind die Bibersiedlungen im Langen Graben zwischen Neusörnewitz und Meißen, sowie in der Röderaue im Bereich Frauenhain. Doch wo sich immer mehr der streng geschützten Tiere niederlassen, bleibt das natürlich nicht ohne Probleme für die Anrainer. In Coswig sind es die Angler, die den neuen Teichbewohner nicht akzeptieren wollen. Ihnen wurde eindringlich von ihrer eigenen Verbandsspitze und dem Landratsamt ins Gewissen geredet. Es sei genug Platz für Angler und Biber da.
Im Altkreis Großenhain dagegen habe man es schon mit weniger Einsichtigen zu tun gehabt, erzählt Thomas Pfeiffer. Dort habe man beobachten müssen, wie ein Landwirt ständig Biberdämme wider zerstört hat. Schnell hatte man raus, wer hinter den Attacken steckt. Da alles Reden aber nicht gefruchtet habe, musste die Behörde schließlich amtlich werden. „Wir haben eine kostenpflichtige Anordnung geschickt, dass der Biberdamm künftig in Ruhe gelassen wird“, sagt Thomas Pfeiffer. Sollte es jemandem einfallen, gegen den Biber selbst handgreiflich zu werden, dann wäre das ein Fall für den Staatsanwalt. Da verstünden die Naturschützer keinen Spaß. Dagegen habe man durchaus Verständnis, wenn Landwirte zur Behörde kämen und klagten, dass der Biber ihre Flächen unter Wasser setze. „Wir finden eine Lösung“, verspricht Pfeiffer.
Biber darf auch nicht alles
Denn trotz seines Schutzes dürfe der Biber auch nicht alles. In Meißen, am Langen Graben, wurden deshalb Überlaufrohre in den Biberdamm eingebaut, damit der Pegel nicht weiter steigt. Der Biber brauche eine ungefähre Wassertiefe von 60 Zentimetern. Und auf die versuche man ihn zu begrenzen. Ob das Wachstum der Biberpopulation so weitergeht, darüber rätseln auch die Experten. Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Erwachsenen ihre Kinder nach spätestens zwei Jahren aus dem Bau treiben. Dann müssen sie sich ein eigenes Revier suchen. Ob die Elbe mit ihren „Nebengelassen“ noch mehr Platz bietet, könne jetzt niemand sagen, so Biberfachmann Thomas Pfeiffer. Torsten Oelsner