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Der Chef sagt Tschüss

Vor 20 Jahren gründete Johannes Miunske sein Unternehmen in Großpostwitz. Zum Abschied in den Ruhestand gab’s noch eine besondere Ehrung.

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© Robert Michalk

Von Madeleine Siegl-Mickisch

Großpostwitz. Über die Vorteile des Multi-Sound-Moduls kann Johannes Miunske stundenlang erzählen. Dank der neusten Entwicklung aus dem Hause Miunske, einem Anbieter von Elektronik für Nutzfahrzeuge, sind für akustische Warnungen nun verschiedene Signaltöne und sogar Sprachnachrichten möglich. So muss der Fahrer nicht erst auf die Anzeige schauen, um zu wissen, ob Öldruck, Batterieladestand oder etwas anderes nicht in Ordnung ist. „Ich könnte schwärmen“, schiebt Miunske seinen Erläuterungen hinterher. Die Gabe, mit seiner Begeisterung andere anzustecken, ist wohl eins der Geheimnisse der Miunske-Erfolgsgeschichte. Die fortzuschreiben, überlässt der Gründer nun der nächsten Generation. Zum Jahresende will er sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen. Offiziell verabschiedet wurden er und seine Frau Monika bereits vor einigen Tagen.

Begonnen hat alles vor 20 Jahren in einer Garage neben Miunskes Wohnhaus in Großdöbschütz. Der Konstrukteur, der jahrelang im Mähdrescherwerk Fortschritt an der Elektrik für die großen Erntemaschinen getüftelt und ab 1990 für eine westdeutsche Firma elektronische Bauteile für Nutzfahrzeuge vertrieben hatte, wagt den Schritt in die Selbstständigkeit. Beim Arbeitsamt habe man ihm keine Hoffnung gemacht, dass er als Ingenieur mit Mitte 40 noch einmal Arbeit in seinem Beruf finden würde. Doch Miunske sagt sich: „Ich kann noch mehr.“ Schon als Kind habe er davon geträumt, Unternehmer zu sein – „und Mercedes zu fahren“, erzählt er lachend. Vorbild war ein Onkel aus dem Westen.

Ersten Vertrag im Krankenhaus unterschrieben

Mitte der 1990er-Jahre muss der erste eigene Mercedes noch warten. Um Platz für seine Pläne zu schaffen, stockt Miunske erst einmal die Garage auf – und stürzt beim Anstreichen der Giebelwand vom Gerüst. Ein paar Wochen lenkt Johannes Miunske sein gerade gegründetes Unternehmen vom Krankenbett aus. „Das erste Firmenlogo habe ich dort entworfen“, erinnert er sich. Auch den ersten Vertrag mit einem Kunden unterschreibt er im Krankenhaus. Da die beim Sturz lädierten Wirbel auch danach lange Autofahrten nicht zulassen, stellt er die ersten beiden Vertreter an, die für ihn die Kunden besuchen. Und im Büro steht ihm fortan seine Frau zur Seite. Als das Team schließlich aus sieben Leuten besteht, wird es in der umgebauten Garage endgültig zu eng.

Miunske hat sich inzwischen auf seine Fähigkeiten als Konstrukteur besonnen. Er handelt nicht mehr nur mit Teilen für die Fahrzeugelektrik, sondern stellt sie auf Kundenwunsch zu Baugruppen zusammen und beginnt, neue Produkte zu entwickeln. Die Fertigung eigener Baugruppen startet nach dem Umzug nach Großpostwitz. Das ehemalige Bürogebäude einer Baufirma ist nur anfangs deutlich zu groß. Schon sechs Jahre später kommt ein Neubau dazu. 2008 geht die Wirtschaftskrise allerdings auch an Miunske nicht spurlos vorbei. Er muss Leute entlassen – und baut doch zugleich die Entwicklungsabteilung aus. So kann er 2009 die erste Lenksäule für Nutzfahrzeuge „made in Germany“ präsentieren.

Die Familie arbeitet mit

Mittlerweile werden Miunske-Produkte in mehr als 30 Ländern in Bau- und Landmaschinen, aber auch in Krankenwagen und Feuerwehren verbaut. Die Belegschaft des mit dem Qualitätssiegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ ausgezeichneten Unternehmens ist auf mehr als 60 Mitarbeiter gewachsen. Stolz ist Miunske auch auf eine andere Auszeichnung. Nach dem Großen Preis des Mittelstands von 2012 erklomm das Unternehmen jetzt als Premier Finalist die nächste Stufe in dem bundesweiten Wettbewerb. „Für uns ist das die Krönung unseres Lebenswerkes“, sagt Johannes Miunske. Zusammen mit seiner Frau will der 66-Jährige nun den Ruhestand genießen. Eine Voraussetzung dafür hat er schon vor vier Jahren geschaffen. Damals überschrieb er das Unternehmen auf seine beiden Töchter. Tochter Katrin ist bereits seit 2014 Geschäftsführerin. Auch die beiden Schwiegersöhne arbeiten im Familienunternehmen mit. „Miunske ist zur Marke geworden“, sagt der Seniorchef zufrieden. Künftig will er noch ein paar repräsentative Aufgaben übernehmen und sich weiterhin um ein Forschungsprojekt der TU Dresden kümmern, an dem das Großpostwitzer Unternehmen mitwirkt. Aber er könne auch loslassen, sagt er. Einen Laptop nehme er schon seit Längerem nicht mehr mit in den Urlaub – bei aller Begeisterung.