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Der Dauerbürgermeister aus Quitzdorf

Günter Holtschke regiert in Quitzdorf am See seit 20 Jahren – und denkt noch nicht ans Aufhören.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Am Sonntag ist in Quitzdorf am See Wahltag. Die Einwohner von Horscha, Kollm, Petershain, Sproitz und Steinölsa sind aufgerufen, ihren Bürgermeister neu zu wählen. Auf dem Wahlzettel werden sie aber nur einen Namen stehen haben, den von Günter Holtschke. Seit 20 Jahren ist der Petershainer bereits Bürgermeister von Quitzdorf und will diesen Job gern weitermachen, sagt der 65-Jährige. Somit stellt er sich ein drittes Mal der Wahl.

Dass sie nur eine Person zur Auswahl haben, stört einige Quitzdorfer. Das ist keine echte Wahl, sagt Holger Theurich. Der Betreiber des Sproitzer Dorfkruges wohnt zwar in Mücka, aber sein Sohn ist Sproitzer und bekam die Wahlbenachrichtigung. „Wir hätten uns gern noch einen zweiten Kandidaten auf dem Stimmzettel gewünscht“, ist die Meinung der Familie.

Günter Holtschke hätte damit kein Problem gehabt. „Meine Nominierung wurde beizeiten bekannt gemacht, auch vor dem Hintergrund, dass sich noch weitere Bewerber melden“, sagt er. Aber das tat keiner. Denn eigentlich ist Günter Holtschke Rentner, aber dafür fühlt er sich noch nicht alt genug: „Ich bin mit Leib und Seele Bürgermeister. Ich fühle mich in der Lage, auch eine weitere Amtsperiode anzugehen“, erklärt er. Schließlich will er die Arbeit fortsetzen und noch einige Aufgaben und Vorhaben zu Ende bringen beziehungsweise umzusetzen.

Diese Erwartung hat auch Gisela Günther. Sie ist die Vorsitzende des Seniorenvereins Petershain. „Wir können uns nicht beklagen. Die Gemeinde hat uns immer gut unterstützt und wir sie natürlich auch. Ich hoffe, das bleibt weiterhin so.“

Der Pragmatiker Holtschke, der den Bürgern lieber seine Telefonnummer als die Sprechzeiten im Gemeindeamt sagt, ist bekannt dafür, die Ärmel hochzukrempeln und selbst anzupacken. „Eigenleistungen schonen die Gemeindekasse“ ist ein oft zitierter Satz von ihm. Und mit Blick in den Finanzetat der Gemeinde der jüngsten Jahre, bekommt dieser Satz für ihn mehr Bedeutung. Deshalb liegt der Haushaltsplan immer griffbereit auf dem Schreibtisch. „Man darf den Überblick nicht verlieren“, betont Holtschke. Er verweist auf eine Verschuldung von nur 374 Euro pro Einwohner. Obwohl die Gemeinde ihren Kredit für den Kita-Neubau in Sproitz von knapp einer halben Million Euro weiter abzahlen muss. Über diese hohe Summe ärgert sich Günter Holtschke noch heute: „75 Prozent der Baukosten sollten gefördert werden, am Ende waren es nur 35 Prozent.“ Dennoch ist der Bürgermeister froh, seit sechs Jahren das neue Kinderhaus zu haben. Es ist der zentrale Kindergarten für die Gemeinde. „Wir haben aus drei Bruchbuden etwas Vernünftiges geschaffen“ – auch wenn seitdem nicht wenige Eltern ihre Kinder ins Nachbardorf bringen müssen.

Der Nachwuchs ist jetzt gut untergebracht. So wie den Jüngsten gilt Günter Holtschkes Aufmerksamkeit auch den vier Ortswehren. In den vergangenen Jahren verbesserten sich die Bedingungen für die Kameraden, schätzt der Bürgermeister ein. Die letzte große Anschaffung war ein Kleinbus als Mannschaftstransportwagen für die Steinölsaer Wehr, die damit mobil bleibt. Zugleich ist es ein Kompromiss gegenüber einem Löschfahrzeug. Aber für dieses müsste die Garage baulich verändert werden, und dafür gibt es derzeit keine Fördermittel, erklärt der Bürgermeister. Damit konnte der altgediente Barkas, Baujahr 1975, in Rente geschickt werden.

Die Anforderungen an moderne Löschtechnik bestehen weiter. Die Kollmer Kameraden bekamen im September auf Nachdruck neue Atemschutzgeräte, weil die Nutzungsdauer der bisherigen abgelaufen war. Beantragt wurde diese Anschaffung über 2 000 Euro schon im Vorjahr bei der Gemeinde, sagt Wehrleiter Detlef Kalloch.

Das touristische Pfund der Quitzdorfer ist ihr Stausee. Aber um an dessen Ufer selbst etwas entwickeln zu können, muss man Eigentümer des Landes sein. Das ist der Gemeinde im vergangenen Jahr endlich gelungen. „Nach 13 Jahren zähen Verhandelns“, ergänzt Holtschke. Damit ist das Ausrichten beliebter Feste und sportlicher Ereignisse wie das Drachenbootrennen am Stausee weiter möglich. Investieren muss die Gemeinde auch hier – in Straßen, Beleuchtung und einen größeren Parkplatz. Das soll in den nächsten Jahren passieren und auch das Umfeld aufwerten.

In unmittelbarer Nähe führt Joachim Frinker sein Landhotel. Dass der Landkreis in die Kollmer Bungalowsiedlung für ein gutes halbes Jahr Flüchtlinge einquartiert hatte, daran stört sich der Hotelier noch immer. Günter Holtschke sagt, dass die Gemeinde mit dieser Entscheidung des Landkreises regelrecht überfahren wurde. „Wir hatten teilweise bis zu 180 Flüchtlinge hier“, so Holtschke. Der Ort selbst hat nur rund 280 Einwohner.

Für Joachim Frinker ist dieser Verfahrensweise ein weiterer Beweis dafür, wie dem Bürgermeister die Hände gebunden sind. „Er kann nicht mehr das umsetzen, was er möchte und auf manche Entscheidung hat er keinen Einfluss mehr“, charakterisiert Frinker den Job des Gemeindeoberhauptes. Deshalb ist es ihm im Grunde egal, wer als Person auf dem Wahlzettel steht, weil diese durch die Zwänge der Verwaltung austauschbar seien.