Von Nicola Korte
Früher war es laut und hektisch am Arbeitsplatz von Simone Wallmeyer – auf dem Parkett der imposanten Frankfurter Börse. Das war vor der Zeit, in der sich Computer in den Handelssälen der Frankfurter Großbanken etabliert hatten und vor der Zeit des elektronischen Handelssystems Xetra. „Wir hoffen, dass man nicht irgendwann ein Wachsfigurenkabinett aus uns macht“, sagt die 44-jährige Aktienmaklerin nicht ohne Wehmut in der Stimme.
Noch arbeitet sie gemeinsam mit rund 60 Kollegen auf dem renommierten Parkett des 1879 errichteten Börsengebäudes. In drei Ovalen, den sogenannten Handelsschranken, stehen jeweils etwa 20 Makler für den Aktienhandel. Ihr tägliches Brot verdient sie damit, Angebot und Nachfrage nach bestimmten Aktien zu einem marktgerechten Preis zusammenzuführen. Jeder der Aktien-Profis hat etwa fünf Bildschirme vor sich, auf denen er Aufträge und Kurse beobachtet und bearbeitet. Im Hintergrund liefern die großen schwarzen Kurstafeln, auf denen der Deutsche Aktienindex (Dax) sowie andere Aktien erscheinen, mit ihrem Rattern eine konstante Geräuschkulisse. Sie erinnert an die Check-in-Hallen von internationalen Flughäfen. Ansonsten sind die Zeiten, in denen 400 bis 600 Händler wild gestikulierend übers Parkett liefen, vorbei. Heute läuft fast der gesamte Aktienhandel über elektronische Börsensysteme und Telefon.
„Unser Beruf ist jetzt leider nicht mehr so aufregend und impulsiv, wie er es einmal war. Dennoch gleicht immer noch – zum Glück – kein Tag dem anderen“, erzählt Wallmeyer, die auf dem Parkett für die Firma ICF, einem der umsatzstärksten Wertpapiermakler in Deutschland, arbeitet. „Als zum Beispiel Jürgen Schrempp seinen Rückzug von Daimler-Chrysler ankündigte, da brach auf einmal so eine Hektik aus – da trinkt man dann keinen Schluck Wasser mehr, damit man nicht zwischendurch auf die Toilette gehen muss“, berichtet sie.
„Ich wollte immer etwas machen jenseits von Schreibtisch und Routine“, sagt die Frau, die in ihrer Freizeit Marathonläuferin ist und regelmäßig 4 000 Meter hohe Berge besteigt. Nach dem Abitur absolvierte die gebürtige Berlinerin zunächst eine Ausbildung zur Bankkauffrau in Bielefeld. Danach arbeitete sie ein Jahr lang in Frankfurt in der Wertpapierabwicklung. „Da kam ich zum ersten Mal mit Wertpapieren in Berührung“, sagt sie. Später arbeitete sie als Händlerin für festverzinsliche Papiere, zeitweise auch in London. Im Jahr 2000 machte sie ihre Prüfung zur amtlichen Kursmaklerstellvertreterin und arbeitet seitdem für ICF in Frankfurt.
„Früher war der Job, der einmal eine absolute Männerdomäne gewesen ist, wirklich hart für Frauen“, sagt Wallmeyer. Mittlerweile sei es normal, dass Frauen in der Börsenbranche arbeiten und „mehr tun, als nur den Telefonhörer zu bedienen und nett zu lächeln“, sagt sie.
In ihrem Job bewegt Wallmeyer täglich „so sieben bis acht Millionen Euro“. Privat spekuliert sie jedoch nicht an der Börse. „Wenn man den ganzen Tag die Kursschwankungen beobachtet, dann ist man viel zu dicht dran und viel zu nervös.“ Einen Teil ihres Geldes habe sie jedoch in Aktienfonds angelegt: „Da kümmern sich dann andere drum.“ Wallmeyer ist zuversichtlich, dass ihr Beruf auch langfristig nicht überflüssig wird. (dpa)