Von Bernd Goldammer
Ottendorf-Okrilla. Freitagabend: Der Geruch von Weihrauch hat das „Alte Teichhaus“ eingehüllt. Seidene Tücher an den Wänden helfen der Fantasie auf die Sprünge. Man fühlt sich auf den Kissen einer Teestube. In irgendeiner Karawanserei: draußen Wüstensand und sternenklare Nachtkälte. Drinnen gehört die Nacht den Erzählungen einer klugen Schönheit. Josephine Hoppe hat es sich auf der kleinen Bühnenfläche bequem gemacht. Sie liest die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht. Bald wird aus ihr die legendäre Scheherazade. Na, Sie wissen schon, die Tochter des Wesirs von Scharyâr, die den barbarischen König heiratet und ihm 1001 Nächte lang Geschichten erzählt. In dieser Zeit bringt Scheherazade drei Kinder zur Welt. Die Vermutung liegt nahe: Auf den Kissen des Königspalastes muss es über die Zeit sehr erotisch zugegangen sein.
Die Erzählweise von Josephine Hoppe macht das fühlbar. Die Rolle der Scheherazade füllt sie exzellent aus. Der Schleier dieser Nachtgeschichten verbreitet sich knisternd im Raum. Ihre Erzählkunst offenbart sich als ein Wechselspiel ironisch-humorvoll dargebrachter Erzählung kombiniert mit wohldosierter Erotik: Da legt sich ein bildschönes Mädchen in einer kalten Nacht einen gefundenen Mantel um und wird schwanger. Ungewöhnlich! Ihr braver Vater bringt die Sache vor den Kadi. Der Mantel wird verklagt, später nur noch sein Geruch und noch viel später stellt sich heraus, dass im Mantel noch ein Jüngling war. Es gibt ein salomonisches Urteil: Der Jüngling wird freigesprochen, aber noch in der gleichen Nacht findet die Hochzeit mit dem geschwängerten Mädchen statt. Und wer am Strand ein verschlossenes Gefäß findet, sollte vorsichtig sein. Besonders, wenn sich darin eine bezaubernd schöne Fee befindet, die Wünsche freistellt. Dann kann es heiß zur Sache gehen, wie die Geschichte dreier Freunde beweist, die Josephine Hoppe in ihrer besonderen Art zum Besten gab. Sie verzauberte das Alte Teichhaus einfach.
Daniela Schwalbe und ihr orientalischer Tanz machten die Geschichten lebendig. In diesen 90 Minuten vermochte man die Mittel zu kosten, mit denen Scheherazade in Tausendundeiner Nacht aus einem mächtigen Barbaren einen liebevollen, zärtlichen Mann gemacht hat. Dieses Programm wird sicher bald in der Dresdner Yenidze zu erleben sein. Es lohnt sich, dabei zu sein.