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Der Görlitzer John Pietzsch forscht in New York

Seine Görlitzer Freunde kennen New York aus „Sex and the City“ oder „Kevin, allein in New York“. John Pietzsch dagegen lebt in Manhattan. Er hat die ruhigen verwinkelten Görlitzer Straßen gegen die Hochhäuserfluchten New Yorks eingetauscht.

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Von Anna Steegmann

Seine Görlitzer Freunde kennen New York aus „Sex and the City“ oder „Kevin, allein in New York“. John Pietzsch dagegen lebt in Manhattan. Er hat die ruhigen verwinkelten Görlitzer Straßen gegen die Hochhäuserfluchten New Yorks eingetauscht. Ein reisefreudiger großzügiger Vater, zwei Görlitzer Lehrer, die Liebe zur Chemie, harte Arbeit und eine gehörige Portion Chuzpe brachten den 24-Jährigen in die 8-Millionen-Einwohner- Metropole.

Praktika im Ausland

Es ist nicht der erste Amerika-Aufenthalt für den Görlitzer, wenngleich mit neun Monaten der längste. In den 90er Jahren reiste er bereits zweimal mit seinem Vater nach New York, bestaunte als Elfjähriger die glitzernde Leuchtreklame am Times Square. Doch nun ist er nicht nur zum Vergnügen in der Stadt, sondern er schreibt seine Diplomarbeit hier. Nach dem Abitur hatte er an der Berliner Humboldt-Universität Biochemie angefangen zu studieren. Immer wieder zog es ihn zu Praktika in die Ferne: Luxemburg, Nigeria und Singapur. Er forschte zur Immunschwächekrankheit Aids/HIV und Malaria. Seit September vergangenen Jahres forscht er nun in den Laboren derrenommierten Rockefeller Universität. „Wir versuchen zu verstehen, warum bestimmte Patienten, die mit HIV infiziert sind, nicht an AIDS erkranken. Das passiert bei einem von 1000. Möglicherweise bringt uns das einer Impfung gegen Aids näher.“

Die Amerika-Leidenschaft war John Pietzsch schon in die Wiege gelegt. Weil die Großmutter eine John-F.-Kennedy-Gedenkmünze geschenkt bekommen hatte, wurde der Enkel John genannt. Die Faszination der Chemie vermittelten ihm Annerose Hennig an der Mittelschule in Rauschwalde und Andreas Fritz am Beruflichen Schulzentrum für Wirtschaft und Soziales. „Er war ein netter und intelligenter Schüler“, erinnert sich Fritz, der „freiwillig und selbstständig zu seinen Schulzeiten Chemie-Versuche gemacht hat. Der passt wirklich dorthin.“

Doktorarbeit in New York

In der großen Stadt lebt Pietzsch in einer Ein-Raum-Wohnung der Universität. Das Haus an der 53. Straße zwischen der 1. und 2. Avenue hat einen livrierten Pförtner und den Charme eines heruntergekommenen ehemaligen Grand Hotels. John teilt seine Wohnung mit einem Studenten aus Indien und zahlt in einer der teuersten Städte der Welt 600 Dollar Miete. Sein Viertel nennt er liebevoll „den Prenzlauer Berg von New York“, weil hier zu jeder Zeit Leben auf der Straße sei, es unzählige Kneipen und Restaurants gäbe. „New York lebt und pulsiert. Das Nachtleben ist fantastisch. Ich gehe hier vielmehr aus.“

Am 1. Juli kehrt John Pietzsch zurück nach Deutschland. Dann will er das gemächliche Görlitzer Tempo genießen und seinem Vater helfen. Reinhard Pietzsch betreibt schon seit 1985 das gemütliche Wirtshaus „Destille“ am Nikolaiturm. Möglicherweise kehrt er im August wieder zurück nach New York. Dann will er seine Promotion an der Rockefeller Universität beginnen. Um eines der begehrten Stipendien bewirbt er sich gerade. Für immer sei New York aber nichts für ihn: Die Stadt sei zu hektisch, zu dreckig, zu laut.

Unsere Autorin lebt in New York und hat seit 2004 eine Zweitwohnung in Görlitz. Auf der Suche nach jungen Deutschen in New York für das WDR-Filmprojekt „New York Memories“ traf sie John Pietzsch in seinem Lieblingscafé. Bei Tee und einem Stück Sachertorte erzählte er ihr von seinem Leben und erklärte sich zur Teilnahme am Film bereit. Gedreht wird dieser im Mai in New York und im Juli in Görlitz.