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Der große Charleston-Ball in Radeberg

Regionalhistoriker Hans-Werner Gebauer lüftete beim ersten Stadtgeschichts- Vortrag des Jahres ein spannendes Geheimnis.

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Ausgehend von den ältesten schriftlichen Tanzbelegen zog Referent Hans-Werner Gebauer einen kurzweiligen Bogen der Geschichte des Tanzes. Für Radeberg sind anhand der Stadtrechnung von 1575/76 zwei Tanzhäuser am Marktplatz nachweisbar. Hier fand das ursprüngliche vergnügungsfreudige Stadtleben statt. 1598 spricht eine städtische Polizeiordnung von „…unchristlichen Tänzen und unverschämten Drehen“. Es war die Frühzeit des Übergangs vom Reihen- und Schreittanz in die Form des miteinander Tanzens. Und es galten von dem Moralkodex der Kirche bestimmte Verbote. So gab es die „Geschlossenen Zeiten“ zwischen Fastnacht und Ostern und zwischen dem Martinstag und dem 6. Januar. Hinzu kam der Freitag bis Sonntagmittag.

Immer wieder war der Tanz als Ausdruck der Lebensfreude Gegenstand der Auseinandersetzung. Als man nach dem Dreißigjährigen Krieg das Tanzen ziemlich einschränken wollte, legte Sachsens Kurfürst fest: „Tänze zu üben ist jederzeit erlaubt!“

1671 wurde geschrieben, dass sich Missbrauch einstelle und „…daß die Weibsbilder und Tänzerinnen dergestalt umgetrieben oder umgedreht werden, daß dadurch sich ihre Kleider hoch erheben“. 1772 kamen zur Abstellung der Missbräuche die Tanzmeister auf. Sie hatten den Tanz zu organisieren und zu beaufsichtigen. Diese Institution bestand bis in die 1920er Jahre.

Man war in der Moderne des Privatlebens und der öffentlichen Aufmerksamkeit angekommen. Ausgerechnet der heute eher als sittlich geltende Walzer revolutionierte das Verhalten auf dem Tanzboden. Doch das paarweise Tanzen war nun Alltag. Als dann die fröhliche Polka aus dem Böhmischen dazu kam, war Tanzen „pralle Lebensfreude“. Gebote und Verbote versuchten dem entgegen zu wirken. Nun kam die Zeit der Modetänze. Der Höhepunkt der 1920er Jahre wurde der Charleston. Dieser schwierige, nur durch Übung zu meisternde Tanz, hatte um 1926 seinen Höhepunkt in Radeberg. Meisterschaften und große Charleston-Bälle beherrschten die Szenerie. Im Gasthof „zum Roß“ ertanzte sich Mimi aus Dresden 200 Mark Preisgeld zur Charleston-Gala. (geb)