Von Catharina karlshaus und Eric Weser
Er ist klein, er ist schwarzbraun und es gibt ihn in der Region offenbar häufiger als angenommen. Der Juchtenkäfer, auch Eremit genannt. Einem neuen Gutachten zufolge soll der etwa drei Zentimeter große Käfer auch in alten Bäumen in der Gemeinde Röderaue leben.
Vor ein paar Wochen hat die Verwaltung vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Sachsen (LfULG) offiziell mitgeteilt bekommen, in welchen Ortsteilen der Juchtenkäfer besonders auf dem Vormarsch ist. Überall dort, wo er sich einnisten könnte, sind mit weißen Punkten „potenzielle Brutbäume“ verzeichnet.
Vor allem im westlichen Teil der Kommune soll der Käfer vorkommen: Am Röderkanal, an der Röder, am Mittelgehege, am Brückengraben, am Toffelsteich und am Großen Teich. Ebenso Straßenbäume am Gorischgrundgraben südlich von Koselitz sowie am Stadtrand Koselitz.
Während es zum Beispiel im benachbarten Großenhain eine Reihe roter Punkte gibt – nachgewiesene Brutbäume – wird der Eremit in der Röderaue vorerst nur vermutet. Was wohl ein Grund sein könnte, warum Hauptamtsleiterin Kerstin Tröger das Tier selbst noch nicht im Gemeindegebiet gesichtet hat. Sie gibt aber auch schmunzelnd zu: „Bisher habe ich noch nicht nach dem Käfer gesucht“, um dann anzufügen: „Und ich werde es auch nicht.“
Unerheblich für die Röderaue sind die Erkenntnisse des Gutachtens trotzdem nicht. Immerhin ist der Juchtenkäfer vom Aussterben bedroht und daher besonders schützenswert. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU listet ihn in der höchsten europäischen Schutzkategorie. Auch die Rote Liste Sachsens stuft ihn, der zur Familie der Rosenkäfer gehört, als stark gefährdet ein.
Ein herausragender Status, mit dem der Käfer bundesweit bereits einige Bauvorhaben vorzeitig ins Aus beförderte. Das bisher Bekannteste dürfte dabei wohl das Bahnprojekt Stuttgart 21 sein. Einem Park sollte dort erst vor ein paar Wochen eine kleine Fläche für eine Straße abgezwackt und deshalb ein paar Bäume gefällt werden.
Wer ihn sehen will, braucht Glück
Ein Ansinnen, was für sechs von ihnen aber nicht umsetzbar war. Die geschützten Käfer wohnen in jenen Bäumen – und die Straße gibt es bis heute nicht.
Allerdings: Nach Baden-Württemberg muss man eigentlich nicht schauen. Ein angestammtes Revier hat der Juchtenkäfer nämlich schon seit Jahrzehnten im nahen Zabeltitzer Barockpark. Nach Aktenlage des Umweltamtes wurde er erstmals 1972 nachgewiesen. Die Vielzahl von dort stehenden Linden und Eichen haben es dem Käfer – den man aufgrund seines fruchtigen Duftes eher riecht, als das man ihn sieht – angetan. Von ihm bevorzugt werden eben alte, anbrüchige, aber noch lebende Bäume, an denen vorher der Specht eine Bruthöhle hinein gezimmert hat und die danach meist von anderen Baumhöhlenbewohnern weiter genutzt werden.
Nach Zabeltitz hat sich der Eremit offenbar nun ein paar neue Lebensräume erobert. Im oberen Elbtal zwischen Pirna, Dresden, Meißen und Riesa konnte die Art mehrfach nachgewiesen werden. Diese Region gehört laut Experten offensichtlich zu den besten Vorkommensgebieten in Europa. Und mittendrin: die Röderaue.
Das LfULG fordert die Gemeinde auf, das Vorkommen des Juchtenkäfers künftig bei Planungen, Bauvorhaben sowie Baumpflegearbeiten sorgfältig zu berücksichtigen. Ein Hinweis, der der Verwaltung keine Sorgen bereitet. Naturschutzrechtliche Vorgaben hätten auch bisher schon beachtet werden müssen, heißt es.
Vielleicht gelingt es den Röderauern ja sogar , den Käfer zu beobachten. Laut Experten ist das im Juli oder August mit ein wenig Glück möglich.