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Der Klavierdoktor aus Meißen

Mit seiner Firma ist Klavierbauer Wolfgang Trobisch in ganz Europa aktiv. Der Beruf ist hart und trotzdem ein Frauenmagnet.

Von Stephan Hönigschmid
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Mit seinem Klavierhaus hat sich Wolfgang Trobisch nicht nur in der Region, sondern auch überregional einen Namen gemacht. Lediglich Händler zu sein, würde ihm nicht reichen. Für ihn gehört die Werkstatt ganz selbstverständlich dazu.
Mit seinem Klavierhaus hat sich Wolfgang Trobisch nicht nur in der Region, sondern auch überregional einen Namen gemacht. Lediglich Händler zu sein, würde ihm nicht reichen. Für ihn gehört die Werkstatt ganz selbstverständlich dazu. © Claudia Hübschmann

Meißen. Die Arbeit von Wolfgang Trobisch (58) ähnelt ein bisschen der eines Arztes. Denn auch der Meißner Klaviierbaumeister muss zunächst die richtige Diagnose stellen, bevor die Therapie beginnen kann. „Ich höre bereits am Klang, wenn mit einem Klavier etwas nicht in Ordnung  ist“, erklärt Wolfgang Trobisch. Dabei wagt er sich nicht nur an die aktuellen Instrumente, sondern auch an die historischen.

„Manche Kollegen trauen sich nicht an die alten Tafelklaviere oder Hammerflügel heran, die vor 1852 gefertigt wurden. Obwohl das nicht ganz einfach ist, bieten wir dies an.“ Allerdings benötige man für derartige Klaviere sehr viel Einfühlungsvermögen. „In meinem Betrieb gilt die Devise, dass die Instrumente möglichst historisch bleiben sollen. Wir ergänzen deshalb nur so viel wie nötig“, sagt der Klavierbaumeister.


Die Klaviertasten sind mit kleinen Hämmerchen verbunden. Dahinter sind Saiten gespannt.
Die Klaviertasten sind mit kleinen Hämmerchen verbunden. Dahinter sind Saiten gespannt. ©  Claudia Hübschmann

Warum dieses Vorgehen sinnvoll ist, erläutert er an einem Beispiel aus Polen: „Es gibt dort den Trend, dass zahlreiche Firmen auch bei den historischen Klavieren alles erneuern. Das ist aber riskant.“ Die Zugspannung der Saiten erhöhe sich so enorm, obwohl die Klaviere dafür gar nicht gebaut seien. „In der Folge zerreißen die Klaviere geradezu. Manch ein Betroffener wendet sich dann an mich, und ich mache alles wieder rückgängig“, berichtet Wolfgang Trobisch.

Obwohl er seit 1985 selbstständig ist, gab es im Laufe der Jahre keine fundamentalen Veränderungen in seiner Branche. „Meine Hauptkunden sind Theater, Musikschulen, Pianisten und Privatleute. Das ist im Wesentlichen gleich geblieben.“ Der Grund ist einfach: Die Reparatur eines Musikinstrumentes ist Vertrauenssache. Der Auftraggeber muss sich sicher sein, dass sein Instrument in guten Händen ist. Um dieses Verhältnis zu pflegen, dürfen die Kunden bei Wolfgang Trobisch unter anderem in die Werkstatt schauen und jeden Arbeitsschritt nachvollziehen. Auch in Zeiten des Internets bleibt das Geschäft dadurch recht klassisch.

Wolfgang Trobisch räumt jedoch ein, dass das nicht für alle Bereiche seines Unternehmens gilt. „Seit vielen Jahren verkaufen wir nicht nur Instrumente, sondern auch Noten. So um 2014 herum haben wir einen Rückgang gespürt. Damals haben die Menschen mitbekommen, dass man Noten auch im Internet kaufen kann.“

Sorgen macht er sich aber keine, schließlich sind die Auftragsbücher voll. Zudem hat er 2018 noch eine Werkstatt im Triebischtal gekauft, die sich auf die Klaviaturen und die Bass-Saiten des Klaviers spezialisiert hat. „Wir arbeiten verschlissene Klaviaturen auf. Außerdem umspannen wir mit einer Maschine die Bass-Saiten mit Kupfer.“ Die Auftraggeber kämen aus zahlreichen Regionen Europas – von Norwegen bis zu den Azoren bis nach Russland.


Klavierbau ist Handarbeit. Jede Taste wird individuell eingebaut.
Klavierbau ist Handarbeit. Jede Taste wird individuell eingebaut. ©  Claudia Hübschmann

Von Interesse ist der Meißner Betrieb auch beim Nachwuchs. Allerdings gibt es da ein Problem: „Es melden sich fast nur Frauen. Aber eigentlich ist die Arbeit für Frauen zu schwer.“ So müssten die Saiten und die Wirbel mit dem Kilohammer in den Stimmstock hinein geschlagen werden. Zudem würden die verschiedenen Teile des Klaviers bei der Reparatur oft mit großer Körperkraft hin- und herbewegt.

Wolfgang Trobisch selbst macht das auch nach mehreren Jahrzehnten noch Spaß. Sorgen bereitet ihm nur, wenn er an die Rente denkt. Seine Kinder wüssten, dass er oft zwölf Stunden am Tage arbeitet und strebten die Nachfolge nicht an. „Es wird nicht leicht, jemanden zu finden“, denkt Wolfgang Trobisch.