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„Der Kreis Meißen hat alles Potenzial“

Michael Kretschmer muss sich beim Empfang der Kreishandwerker Kritik gefallen lassen. Seine Antwort ist eindeutig.

Von Kevin Schwarzbach
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Der stellvertretende Kreishandwerksmeister Roberto Heilscher (r.) begrüßt Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer zum Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Meißen.
Der stellvertretende Kreishandwerksmeister Roberto Heilscher (r.) begrüßt Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer zum Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Meißen. © Claudia Hübschmann

Meißen. Als Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Freitagvormittag im Meißner Burgkeller auf die Bühne tritt, droht die Stimmung gerade in Selbstmitleid zu versinken. Entsprechend scharf sind Kretschmers Worte.

„So, jetzt mal aufgepasst. Wir müssen hier mal bisschen was an der Stimmung machen“, ruft Kretschmer in die Runde aus Handwerkern, Bürgermeistern und Landespolitikern. „Oder denken Sie, dass ein junger Mensch, der heute hier im Saal unter uns sitzen würde, bei dieser Stimmung Lust aufs Handwerk bekäme?“ Für einen Moment erfüllt Schweigen den Saal. Doch Michael Kretschmer macht unbeirrt weiter: „Es muss doch möglich sein, dass ein solcher Anlass auch ein positiver Aufbruch ist.“

Der Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Meißen dauert zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als eine Stunde. Viel Zeit, in der sich auch Sachsens Ministerpräsident den ein oder anderen Seitenhieb gefallen lassen muss. Besonders Kreishandwerksmeister Peter Liebe spart in seiner Eröffnungsrede nicht mit kritischen Worten. Zwar stehe er grundsätzlich für Europa und den Frieden, den diese Gemeinschaft seit Jahrzehnten mit sich bringe, so Peter Liebe, aber die vergangene Europawahl habe auch bei ihm für Frust gesorgt. „Da wählen die Leute Manfred Weber, den Spitzenkandidaten der EVP, und am Ende bekommt Ursula von der Leyen das Amt als Kommissionspräsidentin“, sagt Liebe. Für die Handwerker im Kreis sei das einfach nicht zu verstehen.

Und auch an der seit Anfang dieses Jahres geltende Bonpflicht arbeitet sich der Kreishandwerksmeister ab. „Ich stehe heute hier und sage Stopp zur Vorverurteilung einer ganzen Branche als Steuerhinterzieher“, so Peter Liebe. Die Regelung sorge nicht nur für massenweise Müll, sondern stelle das Handwerk auch in ein schlechtes Licht. Generell traue die Politik der Branche zu wenig zu, meint der Kreishandwerksmeister. „In meiner Bäckerei hat es schon drei Jahre vor Greta keine Plastiktüten mehr gegeben“, sagt er in Anspielung auf die 17-jährige schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg. Die Debatten zum Klimawandel würden viel zu hysterisch geführt, findet Liebe. Das Handwerk hingegen tauche im Koalitionsvertrag der neuen Regierung aus CDU, Grünen und SPD nur zweimal auf.

Michael Kretschmer lässt die Attacken zunächst entspannt über sich ergehen. Reglos sitzt er an einem Tisch in der vorderen Reihe und blickt aufmerksam in Richtung Bühne. Noch ahnt keiner im Saal, dass der Ministerpräsident gleich für mächtig Stimmung sorgen wird.

Vernünftige Lösung für Bonpflicht

Schon Kretschmers Eröffnung sitzt. Seine scharfen Worte treffen einen Nerv. Wohl kaum jemand im Saal kann sich ernsthaft vorstellen, dass das Handwerk allein durchs Schimpfen und Jammern Nachwuchs gewinnen wird. „Es gibt auch gar keinen Grund dafür“, sagt Kretschmer. „Sie haben hier im Landkreis Meißen alles Potenzial. Und ich stehe an Ihrer Seite.“ Auch in Sachen Bonpflicht. Die sei in ihrer momentanen Form nicht zu akzeptieren, meint Kretschmer. Deshalb wolle er sich für eine Anpassung der Regelung einsetzen. „Wir wollen, dass hier eine vernünftige Lösung gefunden wird.“

Die Kritik an der Kenia-Koalition lässt der Ministerpräsident indes nicht durchgehen. Die Sondierungsgespräche hätten zwar lange gedauert, seien aber erfolgreich verlaufen. „Wir haben in unseren Verhandlungen nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner gesucht, nur um schnell fertig zu werden“, so Michael Kretschmer. „Stattdessen haben wir uns gefragt: Was braucht dieses Land?“

Neben den 1.000 zusätzlichen Polizisten, von denen etwa die Hälfte in Revieren im ländlichen Raum eingesetzt werden sollen, stellt der Ministerpräsident auch eine Aufwertung der Berufsakademien zu Dualen Hochschulen in Aussicht. Speziell der Standort Riesa solle gestärkt werden, so Kretschmer. Zudem will er sich darum bemühen, Bürokratie abzubauen und finanzielle Unterstützung zu erleichtern.

Als Michael Kretschmer von der Bühne geht, brandet Applaus auf. Von Sekunde zu Sekunde wird er lauter. Für ein bisschen positive Aufbruchsstimmung braucht Kretschmer nicht einmal 25 Minuten.

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