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Der Mann aus dem Halbdunkel

Im Schatten sind sie aktiv: Lutz Krause mit Kollege Heiko Häusler und Henry Conrad sind die Hallenwarte der FVG.

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Von Jane Pabst

2000 für Andrea Berg, 2  000 für Dieter Nuhr und 2  100 für Mario Barth. So viele Stühle müssen für die jeweiligen Künstler herangeschafft werden. Und nicht nur das ist eine der Hauptaufgaben der Riesaer Hallenwarte.

Eine metallenes Kratzgeräusch erfüllt die Erdgasarena. 350 schwarz-gepolsterte Stühle schürfen über den glatten Hallenboden. Einer jeweils acht Kilo schwer. Dazwischen schiebt sich Lutz Krause mit einem Besenstiel von Sitzreihe zu Sitzreihe. Der 49-Jährige zeigt auf die Einschnitte. „Mit den Kerben hier kann ich Maß nehmen. Zwischen 90 und 100 Zentimeter Platz lasse ich zwischen den Stuhlreihen“, erklärt der Hallenwart der Erdgasarena.

Vom hinteren Ende der circa 7 000 Quadratmeter großen Halle dringt ein dumpfes Geräusch in sein Ohr. Uwe Bernd tuckert mit einem Gabelstapler auf die Tribüne zu. Eine vier Tonnen schwere Bühnenplatte liegt auf den stählernen Zinken der Gabelträger. „Eine selbst gebaute Vorrichtung“, sagt Jörg Wilkanowski. Damit fährt Uwe Bernd mehrere Sechserstapel von Stühlen an den Balkon heran. Oben, hinter dem Geländer, warten schon Heiko Häusler und Lutz Krause. Flink heben sie die Stühle von der Trägerfläche auf den Balkon. „Das ist besser, als die Stühle die Treppe hinauf zu schleppen“, sagt Heiko Häusler. Doch das Anstrengste kommt erst noch: die Bühnenplatten. Eine wiegt 40 Kilogramm. Bei jedem Konzert, jeder Show, jeder Veranstaltung müssen sie bewegt und verändert werden. 16 mal acht Meter maß die Bühne bei Nuhr, 18 mal zehn bei Barth. „Auch die Höhe muss angepasst werden“, sagt Jörg Wilkanowski der technische Leiter. Er deutet auf die massiven Füße unter den Bühnenplatten. Jeder davon ist doppelt gesichert. Einen Meter hoch war sie für Dieter Nuhr, bei Mario Barth 60 Zentimeter mehr. „Als Erstes wird immer die Bühne, deren Position und Größe eingestellt. Danach kommt der Teppich drüber. Jeder Promi hat da seinen eigenen“, so Wilkanowski.

Von Stars und Sternchen

Womit man gleich bei den Eigenarten so mancher Stars wäre. „Mario Barth legt größten Wert darauf, dass der Teppich ganz eben ist. Einmal hätte er hier eine Kante gespürt und sich beschwert“, erzählt er weiter. Überhaupt scheint der Berliner Komiker gewisse Extrawünsche zu haben. „Einmal hat er sich in seiner Künstlerkabine gestört gefühlt, weil nebenan in der WM-Halle ein Handballspiel war und man da einige Laute hörte“, erzählt Wilkanowski im Plauderton. Daraufhin habe Barth, der mit Programmen wie „Männer sind Schweine, Frauen aber auch“ bekannt geworden ist, eine von drei Veranstaltungen abgesagt. „Als er neulich hier war, wünschte er, nach der Show von einer Polizeipatrouille nach Dresden in sein Hotel gebracht zu werden. Eine ganze Polizeipatrouille konnte ich nicht auftreiben, aber ein Polizeiauto haben wir organisiert“, berichtet der technische Leiter, der nach eigener Aussage an „vieles gewöhnt“ sei.

„Oft muss improvisiert werden, das ist die Herausforderung. Geht nicht, gibt es nicht“, meint er. Bis nachts wird nach Veranstaltungen gearbeitet. Immer, wenn kurze Wechsel sind, eine Veranstaltung am nächsten Tag folgt. Die Hallenwarte düsen mit der Reinigungsmaschine über den Boden, schaffen nicht mehr benötigte Stuhlreihen fort, hängen den Vorhang um. „Nach Mario Barth sieht es aus wie Bombe“, sagt Wilkanowski. Denn dessen Publikum sei „trinkfreudiger“. Plastikbecher, Trinkhalme, Servietten häufen sich vor Treppenaufgängen und auf den Sitzen.

Derweil fahren zwei Männer mit einem Hubsteiger in Richtung Decke. In fast 14 Meter Höhe wechseln sie ein Teil eines Sensors der Brandmeldeanlage. „Dazu muss die Brandmeldezentrale zuvor ausgeschaltet werden. Das haben wir einmal vergessen, da stand die Feuerwehr vor der Tür“, berichtet Wilkanowski. Circa 300 Lampen sind in der Decke integriert. „Doch nur 20 sind beim Aufbau angeschaltet. Sparbeleuchtung.“ Und Sparbeheizung. „Wenn die Volksmusik da ist, haben die hinterher einen Verbrauch an Strom von 7 000 bis 8 000 Kilowattstunden“, so Wilkanowski. Wird zu Veranstaltungen die Halle auf 18 bis 20 Grad geheizt, bleibt die Heizung beim Aufbau aus.

Doch auch bei kühlen zehn Grad kommen die Männer ins Schwitzen. „Man muss sich die Sachen so einfach wie möglich machen“, sagt Uwe Bernd. Derweil hat sich Lutz Krause die Wischmaschine geschnappt. „Damit laufe ich nun stundenlang hin und her. Das hält fit. “ Überhaupt muss man viel laufen als Hallenwart. Hin und her, vor und zurück, hoch und runter. Vom ersten Tag an ist der gelernte Chemiefacharbeiter dabei. „Es hat auch seine schönen Seiten. Wenn alles geklappt hat, ist man schon ein bisschen stolz. Und nebenbei ist man automatisch bei jeder Veranstaltung dabei. Besonders die Rockkonzerte gefallen mir“, so Krause weiter. Doch viel Zeit zum Plaudern bleibt nicht. Der Boden muss weiter gewischt werden.