Von Thomas Möckel
Pirna. Michael Ewert, Kopftuch, lange Haare, grauer Bart, schwere Motorradfahrer-Lederjacke, ist extra aus Berlin nach Pirna gereist. Im Klinikum auf dem Sonnenstein hockt er auf einem Stuhl, ein Mediziner untersucht ihn. Einen Tag später wird Ewert operiert. Da will er nichts dem Zufall überlassen.
Der Arzt, dem der Berliner hinterhergereist ist, sitzt neben ihm und leuchtet mit hellem Lichtstrahl in Ewerts Ohr. Der Mann ist Dr. Alexander Blödow, 44, nach mehreren medizinischen Karrierestationen, unter anderem in der Bundeshauptstadt, ist er nun der neue HNO-Chefarzt im Pirnaer Klinikum.
Mit dem beruflichen Aufstieg erfüllt sich für den Doktor ein persönlicher Wunsch. Als niedergelassener HNO-Arzt hat er sich nie gesehen, ihm schwebte schon immer eine klinische Karriere vor.
Pirna eröffnet ihm mehrere Möglichkeiten: Blödow kann hier Verantwortung übernehmen, zudem ist es für ihn auch eine Rückkehr in heimatliche Gefilde. Er kam 1971 in Dresden zur Welt, machte an der Kreuzschule sein Abitur, studierte nach der Wende Medizin in Greifswald und Berlin. In der Hauptstadt ließ er sich auch zum Facharzt ausbilden, dann folgten zwei Jahre Biophysik-Forschung in Hannover. Blödow erforschte Zellen im Innenohr.
Gehörgänge, Riechorgan und Nebenhöhlen hatten es ihm schon lange angetan. „HNO war meine Wunschfachrichtung“, sagt er. In diese Richtung stupste ihn bereits sein HNO-Professor während des Studiums, bei dem er auch seine Doktorarbeit schrieb. Zudem hatte er schon während seines Zivildienstes einen HNO-Arzt kennengelernt, der ihm dieses medizinische Fachgebiet schmackhaft machte. Blödow schätzt daran auch das breite Patientenspektrum, um das er sich sorgt. „Wir behandeln vom Säugling bis zum Senioren alle“, sagt der Chefarzt.
Zwölf Stunden am OP-Tisch
Die Spezialisten testen beispielsweise schon das Gehör von Neugeborenen, entfernen bei Kindern Polypen und dicke Mandeln, richten Jugendliche wieder gerade, die was auf die Nase bekommen haben, sorgen sich um Patienten mit Gleichgewichtsstörungen und entfernen Tumore – unter anderem von Lippe, Gaumen, Zunge oder Kehlkopf. Als HNO-Arzt muss Blödow auch die Chirurgie beherrschen. „Es kommt schon mal vor, dass wir zehn, zwölf Stunden operieren“, sagt er. Mit solchen Eingriffen kann er beispielsweise bei Patienten nach einer Gesichtslähmung die Symmetrie des Antlitzes wiederherstellen.
Die HNO-Station im Pirnaer Klinikum, der Blödow nun vorsteht, hat 20 Betten, Patienten bleiben im Durchschnitt zwei bis fünf Tage im Krankenhaus. Der Chefarzt schätzt die Tätigkeit in der Klinik, er arbeitet gern im Kollegenkreis, er kennt das von früheren Stationen. Und noch etwas kann er in Pirna als Vorteil verbuchen: Die Klinik in Berlin-Buch, wo er zuvor arbeitete, gehört genau wie Pirna zum Helios-Konzern. Blödow ist daher mit den Strukturen vertraut, er mag die straffe Organisation und die Fortbildungsangebote für die Beschäftigten. „Zufriedene Mitarbeiter sind äußerst wichtig“, sagt er.
Alexander Blödow ist inzwischen nicht nur fachlich, sondern auch privat in die Heimat zurückgekehrt. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder, sie leben gemeinsam in Dresden. Und seine Frau tut es ihm fachlich gleich: Sie ist ebenfalls HNO-Ärztin.