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Der Mann mit dem 48-Stunden-Tag

Ralph Zschaler ist bei allen Sportanlässen im Rödertal anzutreffen. Neuerdings aber auch in Dresden.

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Von Jens Jahn

Fast könnte man denken, dieser Mann muss doch mindestens zwei, drei Doppelgänger haben. Dienstags und donnerstags zum Training sowie zum Spiel am Wochenende findet man ihn als Co-Trainer an der Seitenlinie von Rotation Dresden. Freitags ist er bei den Alten Herren in Arnsdorf präsent. Dann wiederum trifft man ihn beim Hallen-Cup des SV Liegau-Augustusbad als Hallensprecher, beim SC Borea als Stadionsprecher, oder er kommt einem mit einem schnittigen Motorrad auf den Landstraßen im Rödertal entgegen. Anzutreffen ist er aber auch bei der Gartenarbeit mit seiner Frau Andrea und seinen beiden erwachsenen Kindern am heimatlichen Wohnhaus in Radeberg.

Ralph Zschaler gibt es aber nur einmal, umso einmaliger wohl sein zeitliches Zusammenspiel von Familie, Haus, Hobby und Fußball. Und nicht etwa, dass Zschaler schon dem Rentnerdasein frönt. Nein, der 48-Jährige geht auch noch einer Vollbeschäftigung als Elektriker und Medizintechniker im Kreiskrankenhaus Arnsdorf nach. Gelernt hatte er einst im Leuchtenbau in Arnsdorf. Warum hat es nun den fußballverrückten Zeitgenossen, der 1971 im jungen Alter von sechs Jahren bei der unvergesslichen Trainer-Legende Günther „Gündo“ Kremser bei Medizin Arnsdorf dem runden Leder hinterherjagte, zum Dresdner Verein Rotation verschlagen? Die Erklärung gibt der Chefcoach und Abteilungsleiter des Stadtoberliga-Zweiten Andreas Frenzel: „Ich suchte einen erfahrenen Mann als Co-Trainer, der möglichst nicht aus dem Dresdner Fußballgeschehen stammt. Ich wollte einen Außenstehenden, weil er unvoreingenommen an die Sache herangehen kann. Mit Ralph Zschaler habe ich den absoluten Glücksfall getroffen.“ Hinzu kommt, dass Frenzel schwer erkrankt war und für den Notfall auch einen kompetenten Vertreter für sein Amt suchte. Mittlerweile geht es ihm besser, verzichten möchte er indes nicht mehr auf seinen Assistenten. Zschaler überlegte vor einem Jahr nicht lange und nahm den Posten an: „Ich suchte nach einer neuen Herausforderung. Es macht sehr viel Spaß hier, es besteht ein großes Potenzial in diesem Verein.“ Nicht umsonst steht Rotation momentan in der gutklassigen Stadtoberliga auf dem zweiten Tabellenrang. Nach einigen Querelen und Unstimmigkeiten in den vergangenen Jahren scheint wieder Ruhe ins Team eingekehrt zu sein. „Die Trainingsbeteiligung ist sehr gut“, erklärt Zschaler. Das Miteinander aller Mannschaften hat sich gebessert, und mit Norbert Pach, Sebastian Malucha, Robert Franke oder Erik Wernicke stehen starke Spielerpersönlichkeiten auf dem Platz. Auch wenn es momentan noch keine A-Jugend gibt – Nachwuchschef Marko Günther hat zahlreiche Talente an Bord, sodass es um die Zukunft des Vereins von der Eisenbergerstraße nicht schlecht bestellt ist.

Zwangsabstieg mit Arnsdorf

Zschaler hat diesbezüglich schon andere Erfahrungen machen müssen. In seiner aktiven Zeit als Feldspieler und später dann als Torwart bei Medizin Arnsdorf, unter dem leider sehr früh verstorbenen Trainer Christian Zumpe, erlebte er zur Wendezeit den absoluten Tiefpunkt: „Man hatte vergessen, die Mannschaft zu melden. Das bedeutete den Zwangsabstieg“, ärgert sich Zschaler noch heute über den schwerwiegenden Fauxpas der Vereinsleitung. 1992 wurde dann der eigenständige Arnsdorfer Fußballverein gegründet – mit Ralph Zschaler als Gründungsmitglied, Vorstand und gleichzeitig noch Keeper. „Es gelang zweimal hintereinander der Aufstieg und der Kreispokalsieg“, erzählt er. Ein Knorpelschaden im Knie zwang Zschaler dann zum Karriereende als aktiver Fußballer. Er wurde Trainer, zunächst bei der E2-Jugend, die er bis zur C-Jugend führte. Inzwischen hatte auch sein Sohn Franz mit dem Fußballspielen begonnen. Da er aber der einzige Junge in seinem Altersjahrgang war, schickte ihn der Papa zum benachbarten SV Liegau-Augustusbad. Dort spielt der Filius noch heute, steht mit der Männerelf kurz vor dem Aufstieg in die Kreisoberliga Westlausitz. Arnsdorf dagegen stieg aus der damaligen Bezirksklasse in die Kreisliga ab.

Zschaler warf das Handtuch, trennte sich nach Unstimmigkeiten mit dem Vorstand von seinem einstigen Heimatverein. „Bei den alten Herren bin ich aber schon noch mit dabei“, sagt er. Mit Rotation hat er eine dankbare Aufgabe gefunden. Ansonsten ist Zschaler bei allen Sportanlässen im Rödertal anzutreffen. „Wie das mit der Zeitplanung funktioniert“, stellt sich Zschaler selbst die Frage und beantwortet diese auch selbst, ohne groß zu überlegen: „Da mache ich mir eigentlich keine Gedanken. Es macht alles Spaß, ich bin gern aktiv unterwegs. Bei mir kommt nie Langeweile auf.“ Und wie kommt seine Frau mit dem Mann mit dem scheinbaren 48-Stunden-Tag um die Runden? „O ja, Andrea möchte ich unbedingt ein dickes Lob dafür aussprechen, dass sie so viel Verständnis für meinen Sportenthusiasmus aufbringt. Bei den Spielen von Rotation ist sie oft mit dabei“, bedankt sich Zschaler und verrät einen Traum: „Ich möchte noch einmal mit den alten Jungs aus Arnsdorf spielen.“ Dann blickt er auf die Uhr: „Entschuldige, aber die Spieler warten auf ihr Training.“