Von Dagmar Doms-Berger
Angespannt wartet Klavierschüler Wilhelm Matanz auf seinen Einsatz. Der 18-Jährige streift seine Handschuhe ab, setzt sich mit kerzengerade gerichtetem Rücken ans Klavier, bringt die Hände in Position und beginnt zu spielen. Die Sinfonia aus der Partita Nr. 2 c-moll von Johann Sebastian Bach läuft gut. Beinahe jede Note spiegelt sich im Gesicht des 18-Jährigen wider. Es herrscht Konzertatmosphäre im Vorspielzimmer der Kreismusikschule.
Vorbereitung für Wettbewerb
Nicht ohne Grund, denn unter den Zuhörern befindet sich Hermann Müller, Pianist und Hochschul-Professor an der Universität Magdeburg. Am Wochenende kam der Musiker nach Döbeln und gab sieben Schülern von Klavierlehrerin Galina Freind, die sich auf den Wettbewerb „Jugend musiziert“ vorbereiten, Einzelunterricht. Der 63-Jährige hatte sich Ende November vergangenen Jahres mit einem Brief an die Kreismusikschule gewandt und angeboten, den musikalischen Nachwuchs zu betreuen.
Müller selbst lebte im Kindesalter ein paar Jahre in Döbeln und bekam hier seinen ersten systematischen Unterricht.
Bereits um 10 Uhr begann der Workshop und dauerte bis in die späten Nachmittagsstunden an. Zunächst spielten die Schüler ihr Wettbewerbsprogramm vor. Danach ging es an die Arbeit. Der Pianist übernahm bei den meisten nur eine Dirigentenrolle. Müller griff Passagen heraus, erläuterte, wie sie anders zu spielen seien, gestikulierte, wiederholte väterlich, lobte verbal sowie mit Schulterklopfen und war in seiner Arbeit völlig versunken.
Sein Fazit: „Alle sieben Schüler machten einen guten Eindruck. Sie haben solide gespielt“, sagte Müller. Natürlich dürfe man nach ein bis zwei Stunden keine Wunder erwarten. Doch es sei schön und mache Spaß, wenn man spüre, dass sich die Schüler bemühen und aktiv mitmachen. Musikschulleiterin Margot Berthold ergänzte, dass diese sieben Schüler eine Auswahl darstellten. Denn gut zu sein, sei nur wenigen vergönnt.
Anerkennung vom Fachmann
Das Finale setzte Wilhelm Matanz mit seinem Vortrag. Neben Bach spielte er eine Beethoven-Sonate sowie die Preludes cis-moll und gis-moll von Rachmaninow und ein Preludium von Schostakowitsch. Von dem Meister gab es dafür anerkennenden Applaus. Für die Klavierlehrerin Galina Freind ein Lob. „Sie machen ihre Sache sehr gut“, sagte Müller zu Freind.
Der 18-Jährige nimmt erst seit fünf Jahren Klavierunterricht. Davor spielte er Akkordeon. Nach dem Abitur will er Musik studieren. Hermann Müller: „Er ist ein sehr engagierter junger Mann mit beachtlichen Fähigkeiten.“ Das Programm, das Wilhelm Matanz spielte, schätzte auch Müller als schwer ein. Er gab dem jungen Mann hier und da Hinweise und korrigierte.
Zum Prelude cis-moll und gis-moll von Rachmaninow war Müller der Ansicht, dass Wilhelm sich deutlicher an die Vorgaben des Komponisten halten sollte. „Es ist naturgemäß so, dass, wenn ein Schüler an drei, vier Hochschulen geht, unterschiedliche Meinungen kennenlernen wird. Dennoch werden sich die Ansichten in den Grundtendenzen ähneln.“
Professionelle Hilfe ist wichtig
Bei Musikschulleiterin Margot Berthold bedankte sich der Musiker, dass er die Schüler betreuen durfte. „Ich bin gern gekommen“, sagte er.
Für Galina Freind war die Zusammenarbeit mit dem Hochschulprofessor ebenso fruchtbringend. „Ich bin richtig begeistert und möchte vor allem unserer Leiterin danken, dass sie so einen Unterrichtstag organisiert hat“, sagte sie. „Ich habe so etwas noch nicht erlebt, auch nicht während meiner Arbeit in Kasachstan. Die professionelle Hilfe ist sehr wichtig für uns und wenn wir auf Wettbewerben gut abschneiden wollen, dann müssen wir dranbleiben.“